Es ist Mittagszeit, als Lebzelter Gottfried Stöckl mit weißer Schürze und seiner Brille in seiner Konditorei am Hauptplatz in Bleiburg/Pliberk seine Kunden bedient. "Einen Kilogramm Lebkuchenteig bitte", verlangt gerade ein älterer Herr. "Dieser ist sehr gefragt. Heuer noch mehr als im Vorjahr", sagt der 61-Jährige, der schon seit sieben Uhr in der Früh arbeitet. "Wir arbeiten tagsüber, produzieren aber keine Massen. Das können wir auch nicht."
Gebacken wird in der rund 90 Quadratmeter großen Stube täglich frischer Lebkuchen, bei etwa 180 Grad ohne Heißluft. "Diese trocknet den Lebkuchen aus. Je kleiner die Stücke sind, desto schneller geht es. Oft ist es besser, neben dem Ofen zu stehen. Von hellbraun auf schwarz ist es nur ein kurzer Weg", weiß Stöckl.
Etwa 100 Kilogramm wiegt eine der Mischmaschinen, die bis zu 50 Kilogramm Teig durchkneten kann. "Bei uns ist sehr viel Handarbeit. Die Geräte, die wir haben, sind teilweise 80 Jahre alt. Die alten Maschinen sind halt noch massiv gebaut. Mit diesen kann man noch arbeiten", sagt Stöckl, als er den Teig von der Mischmaschine zum Ausrollplatz bringt. Unterdessen klingelt sein Handy. Die nächste etwas größere Lebkuchenbestellung wird erfasst und sein "treuer Begleiter" an den Akku angeschlossen.
Gemahlener Zimt und Nelken und eine eigene Gewürzmischung sind die Grundzutaten für Stöckls Lebkuchen. Die genaue Zusammensetzung des Familienrezeptes könne er aber nicht preisgeben. "Das Rezept wurde immer wieder angepasst. Heute geben wir Früchte dazu, die früher nicht eingearbeitet worden sind", sagt Stöckl.
Seit über zwei Jahrhunderten produziert Familie Stöckl ihren Lebkuchen. Gottfried Stöckl führt den Betrieb in vierter Generation. Seine jahrzehntelange Erfahrung ist ihm anzusehen, jeder Handgriff sitzt. Beim Schneiden der Marzipanplatte – Lebkuchen innen gefüllt mit Marzipan – zeichnet er zuerst mit einem Kartonstück die Größe ein. Mit links ist die Platte rasch zerteilt, die später noch in Schokolade getunkt wird. "Ich bin ein halber Linkshänder. Gewisse Arbeiten gelingen mir mit dieser Hand besser. So wie beim Fußball spielen früher. Da habe ich so manches mit links gemacht", sagt Stöckl.
Zum Ausrollen des Lebkuchenteiges wird kein Nudelwalker verwendet, sondern ein Schweizer Präzisionswerk gestartet. Die Ausrollmaschine ist etwa gleich lange im Dienst wie Stöckl. 3,1 Millimeter dick wird ausgerollt. "Zu Hause unter fünf Millimeter bleiben", sagt Stöckl. Danach wird ausgestochen. Je unterteilter die Form, desto blöder sei es. Und schon pickt der Teig am Christbaum-Ausstecher. "Das ist ein richtiges Krafl. Früher waren die Ausstecher besser und oben noch umgebogen, dass man die Hand nicht ruiniert", weiß Stöckl, der nach seiner Schulausbildung und seinem Bundesheerjahr gleich im Familienbetrieb mithalf. Sein persönlicher Ausstecherfavorit ist ein Fisch, den er geschenkt bekommen hat. "Die Proportionen sind bei dem super."
Nach dem Backen wird dem Lebkuchen mit einer Eier-Milch-Mischung Glanz verschafft. Mit Lufteis wird verziert. "Das ist ein altes Lebzelterrezept – ein Gemisch aus Eiweiß, Staubzucker, Zitronenmasse und Sirup", verrät Stöckl. Mit Lebensmittelfarben wird die Verzierung noch etwas bunter.
Während des Backens läuft das Radio. "Zurzeit höre ich gerne Indie-Musik. Allein in der Backstube ist es sonst zu ruhig." Früher waren es noch sechs Leute, heute sind sie zu zweit – sieben Tage in der Woche. Auch Stöckls Ehefrau Gerhild hilft mit. "Eine Arbeitspause geht sich nicht aus. Das ist der Fluch eines solchen Berufes", sagt Stöckl, der trotzdem immer einen Schmäh auf den Lippen hat. "Vielleicht bin ich ein Sarkast", meint er.
"Gehe in Pension"
Am Abend sperrt Stöckl seine Konditorei wieder zu. Im Laufe des Jahres 2023 wird diese irgendwann für immer geschlossen bleiben. "Es wird immer schwieriger, man wird auch nicht jünger. Deshalb werde ich in Pension gehen und versuche von der Work-Balance in die Life-Balance zu wechseln."