Dort, wo einst auf Tontauben geschossen wurden, entstand vor vier Jahren ein wahres Rückzugsidyll. Auf dem Areal des ehemaligen Schießstandes in Heiligengeist ziert eine üppige Blumenwiese, zwei wunderschöne Holzhäuschen und ein dichter Wald das perfekte Landschaftsbild.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht aber das unverwechselbare Summen von Bienen, die inmitten des Grundstücks durch die Gegend schwirren. Mehrere Völker produzieren dort zurzeit feinsten Blütenhonig. „Stichfest musst du aber schon sein“, sagt Hobby-Imker Werner, der seit zehn Jahren Bienen züchtet und im Imkerzentrum Naturpark Dobratsch seiner Leidenschaft nachgeht. „Der Franz, der kommt gleich, er ist schon am Weg“, versichert der Mann. Franz heißt mit Nachnamen Primig und ist der Obmann des Bienzuchtvereins in Villach und seit 40 Jahren mit Herz und Seele Imker.
80 Kilogramm verzehrt das Volk selbst
Primig strahlt von der ersten Sekunde an die Ruhe aus, die es zu brauchen scheint, um mit Bienen zu arbeiten. „Imkern ist ein Hobby mit Verantwortung. Ich gehe damit genauso ernst um, wie mit meinem Hund. Fürsorglich und behutsam“, gibt der erfahrene Bienenzüchter zu verstehen. Er lernte einst von einem Imker-Paten, der heute bereits 92 Jahre alt ist und der ihm in den ersten Jahren stets zur Seite stand, um dieses komplexe Hobby zu meistern. „Ein Volk braucht circa 80 Kilogramm Honig, nur für sich selbst, der Rest ist ein Dankeschön an die Imker“, erzählt Primig und deutet mit dem Finger auf Christine Petscharnig.
Die Infineon-Mitarbeiterin ist eine von vielen, die sich in den letzten Jahren das Bienenzüchten zum Hobby machte. Heute nämlich ist die übliche Weise, Imkerin zu werden, einen Kurs zu machen, der an die 300 Euro kostet. Seit ihrer ersten Kurseinheit versucht sie in Heiligengeist am Ball zu bleiben, sehr zur Freude von Primig: „Daher gibt es das Imkerzentrum, das ich vor vier Jahren mit meiner Frau gegründet habe. Wir unterstützen Jungimker die ersten drei Jahre.“
Bis zu 80.000 Bienen
Die beiden machen sich auf den Weg zu eines von Petscharnigs zwei Völker, die sie im Imkerzentrum züchtet. Das größere davon umfasst stattliche 80.000 Bienen und schleudert bis zu 40 Kilogramm Blütenhonig. Primig begleitet die Jungimkerin, denn: „Bei meiner letzten Ernte wurde ich 15 Mal ins Gesicht gestochen“, warnt sie vor. Dieses Mal schützt Petscharnig ihr Gesicht mit einem Imkerhut, die Hände sind von Handschuhen ummantelt.
Nur ihr Imker-Pate geht wie beim Spaziergang durch den Park ohne jegliche Schutzkleidung an die Bienen heran. Sein eigenes Bienenvolk, das küsst er sogar und legt seine Wange auf, um „die Wärme zu spüren, die die Bienen ausstrahlen“. Vielleicht ist es auch seine ruhige Ausstrahlung, warum das Bienenvolk der Jungimkerin diesmal ruhig bleibt. Rauch, den sie versprüht, lenkt die Bienen ab, Petscharnig erntet üppige Wabenstücke, ohne einen Stich abzubekommen.
16 neue Mitglieder in einem Jahr
Allein im letzten Jahr kamen 16 neue Mitglieder nur in Villach zum Verein hinzu. Speziell die Infineon ist stark vertreten und auch Frauen“, klärt der Obmann über den rasanten Zuwachs in den letzten Jahren auf. Mittlerweile fasst der Bienenzuchtverein Villach 140 Mitglieder, die Tendenz ist steigend. Das jüngste Mitglied ist erst zehn Jahre alt, das älteste hingegen 72. Das Durchschnittsalter ist um die 60 Jahre.
Doch warnt Primig ob des Trends zum Bienenzüchten vor: „Man kann die Bienen nicht weglegen. Man muss mit Herz und Blut dabei sein.“ Zudem ist die Ausrüstung eines Imkers in der ersten Anschaffung durchaus teuer. Wachsschmelzer, Honigschleuder, Entdeckungstische, -wannen, -gabel und -messe können schnell mehre hundert bis tausend Euro kosten.
Daher ist für Obmann Franz Primig auch klar: „Von fünf Jungimkern, die beginnen, bleiben uns vielleicht drei.“ Die, die bleiben, haben jeden Grund zur Freude, denn am 11. Juni feiert der Bienenzuchtverein Villach sein 125-jähriges Bestehen.
Martin Johaim