Von besinnlich ist an diesen Tagen oft leider keine Spur. Laut Studien kommt es gerade in der Vorweihnachtszeit zu den meisten Trennungen und auch zu Gewaltvorfällen. Das britische Unternehmen „Information is Beautiful“ hat beispielsweise anhand der Änderungen des Beziehungsstatus von Facebook-Usern ausgewertet, dass die meisten Beziehungen um den 11. Dezember ihr Ende finden. Gründe dafür seien verschiedene Faktoren, von finanziellen Sorgen bis hin zum Zusammentreffen der Familie des Partners, aber vor allem die Aufbruchsstimmung beziehungsweise der Neuanfang zum Jahreswechsel.
So auch in Villach. Anlaufstellen für Gewaltopfer sind auch in der Weihnachtszeit rund um die Uhr erreichbar. „Die emotional aufgeladene Zeit vor Weihnachten ist wohl bemerkbar. Es treten vermehrt Telefonberatungen auf. Grund ist in den meisten Fällen Partnerschaftsgewalt“, sagt die Geschäftsführerin des Frauenhaus Villach, Christina Kraker-Kölbl. Eine genaue Zahl der aktuellen Klientinnen wird bewusst nicht genannt, Lösungen für Betroffene würde man aber jederzeit suchen und finden. „Wir sind immer erreichbar. Am Heiligen Abend in der Nacht kann man ebenfalls zu uns kommen, wir haben Plätze frei.“ Eine gestiegene Kriminalität bemerke man im Frauenhaus erfreulicherweise nicht. Auch Stadtpolizeikommandant Erich Londer gibt Entwarnung: „Es ist eine herausfordernde Zeit, wir sind jedoch gleich ausgelastet und vorbereitet, wie sonst auch.“
Stalking-Vorfälle nehmen zu
Fakt ist aber, dass Gewalt viele Seiten hat und ihre Ausprägungen zunehmen. Eine Leserin der Kleinen Zeitung aus dem Bezirk Villach-Land trennte sich vor rund einem Jahr von ihrem Partner. In der Vorweihnachtszeit packte sie der Mut, etwas zu verändern, da die Beziehung zu ihrem Ex-Partner sehr belastend für sie war. Drohungen, Beschimpfungen und Minderungen ihres Selbstwertgefühls waren ständige Begleiter. Mit der Trennung hoffte sie, es sei vorbei. Seither kämpft sie jedoch mit Hass-Nachrichten und Stalking seinerseits. Der Fall wurde angezeigt, Zuflucht fand die Frau im Gewaltschutzzentrum Kärnten. „Wenn man an Gewalt an Frauen denkt, dann fällt einem meistens zuallererst physische Gewalt ein. Was jedoch häufig vergessen wird, ist die Cybergewalt. Das kann von starker Kontrolle über Mobbing bis hin zu Stalking reichen“, schildert Geschäftsführerin Margot Moser-Lechner.
Kontaktabbruch als Sofortmaßnahme
Was fällt alles unter Stalking und was können Betroffene tun? „Stalking bedeutet, dass jemand über einen längeren Zeitraum hinweg bedrängt oder belästigt wird. Diese Verfolgung bereitet Angst und schränkt jemanden im alltäglichen Leben ein“, führt Moser-Lechner aus. Dabei handle es sich um unerwünschte Anrufe oder Nachrichten sowie ein Herumtreiben in der Nähe. „Meistens sind die Täter Personen, die nicht akzeptieren, dass die Beziehung beendet ist“, sagt die Expertin. Die wichtigste Sofortmaßnahme sei, dem Täter klarzumachen, dass man keinen Kontakt will und auf Kontaktversuche nicht mehr zu reagieren.
Das Handy soll dabei nicht abgemeldet sein, sondern die Anrufe ins Leere gehen. Für den Anrufbeantworter soll eine Computerstimme verwendet werden. Zusätzlich sollte man sich ein weiteres Handy zulegen, die Nummer soll jedoch nur den engsten Vertrauten weitergegeben werden. Moser-Lechner: „Menschen, die andere verfolgen, wollen Kontrolle ausüben und wahrgenommen werden, also Aufmerksamkeit geschenkt bekommen.“ Jedenfalls sollte man sich die kostenlose und vertrauliche Beratung im Gewaltschutzzentrum holen. Diese ist unverbindlich und man kann selbst über die weiteren Schritte entscheiden.
Im Notfall den Notruf wählen
Opfer von Gewalt jeder Art bekommen im Gewaltschutzzentrum innerhalb von ein bis zwei Tagen nach der Kontaktaufnahme einen Termin. Jeder Fall wird individuell behandelt. „Unser Team, bestehend aus Juristinnen, Psychologinnen, Psychotherapeutinnen, Sozialpädagoginnen und diplomierten Sozialarbeiterinnen, beratet nicht nur, sondern gibt auch Verhaltenstipps, entwickelt einen Sicherheitsplan und bietet, wenn gewollt, Prozessbegleitung an“, so die Geschäftsführerin weiter. Das bedeutet, dass das Opfer einer Straftat bei einem Gerichtsverfahren psychosozial und juristisch begleitet werden kann. „Bei aktueller Bedrohung jedoch immer die Notrufnummer der Polizei wählen. Diese kann sofort handeln und helfen“, ergänzt Moser-Lechner.
Der Weg bis zur Anzeige ist für Opfer vielfach ein weiter. Eine wichtige Basis sind Beweise: Nachrichten, Anrufe, Briefe oder Geschenke, die der Polizei ein Eingreifen ermöglichen. „Hilfreich ist hierfür ein sogenanntes ‚Stalking-Tagebuch‘. In diesem dokumentiert man, wann und welche Kontaktaufnahme passiert ist“, so der Rat der Polizei. Nachrichten sollen mit einem Screenshot festgehalten werden.
Cyberstalking nimmt zu
Bei aktueller Gefährdung kann der Täter, bevor ein Strafrechtsdelikt vorliegt und zum Schutz des Opfers, ein sofortiges Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen werden. „Der Täter muss dabei bekannt sein. Im Falle eines Ex-Partners könnte bei vermuteter Bedrohung davon Gebrauch genommen werden. Dieser kennt im Regelfall nämlich die Wohnadresse“, wird seitens der Polizei ergänzt. Eine kostenlose und vertrauliche Beratung kann unter (0463) 590 290 in Anspruch genommen werden.