Seit Mittwochabend hängt das berühmte Gurker Fastentuch wieder vor dem Hauptaltar des Domes. Ab Donnerstag ist das Fastentuch täglich bis Karsamstag (16. April) zwischen 10 und 17 Uhr – mit und ohne Führungen durch den Dom – zu besichtigen.

Stiftspfarrer Gerhard Christoph Kalidz suchte für die Liturgiefeier am Mittwoch eines der 99 Bilder als Symbol für diese Tage aus. Das Bild aus dem Alten Testament zeigt die "Ausspeiung Jona". "Menschen fliehen derzeit vor einem Krieg, sie fliehen deshalb, weil sie Angst haben. Vielleicht ist die Botschaft des Gurker Fastentuches ein Wink an die Mächtigen dieser Erde, die Fastenzeit zu nützen, um in ihr Herz zu schauen und einen anderen Weg einzuschlagen, als jenen von Gewalt und Krieg."

Als das älteste in Österreich erhaltene zählt das Gurker Fastentuch zu einem der größten bemalten Hungertücher Europas. Seit mehr als 560 Jahren verhüllt es während der vierzigtägigen Fastenzeit den Altarraum. Das aus zwei Leinentuchhälften bestehende, neun mal neun Meter große und mit Temperafarben bemalte Kunstwerk wurde 1458 in der Werkstatt Meisters Konrad von Friesach im Auftrag von Dompropst Johann Hinterkircher für die Kirche vollendet.

Peter Jascha, Edith Jascha, Gerhard Christoph Kalidz, Josef Bader, Björn Lubach und Josef Neuwirth (von links)
Peter Jascha, Edith Jascha, Gerhard Christoph Kalidz, Josef Bader, Björn Lubach und Josef Neuwirth (von links) © Gert Köstinger

"Insgesamt 108 biblische Szenen sind in 99 Bildfeldern dargestellt: Auf der linken Tuchhälfte in zehn Reihen in 50 Bildfeldern 56 Szenen aus dem Alten Testament, auf der rechten Tuchhälfte in zehn Reihen in 49 Bildfeldern 52 Szenen aus dem Neuen Testament", erklärt Kalidz.

Das Tuch zählt zu den ältesten und größten Zeugnissen mittelalterlicher Malkunst. Erst vor zwei Jahren wurde eine aufwendige Restaurierung abgeschlossen. Schon am Mittwochnachmittag wurde das Tuch zur Probe aufgezogen. Eine schwierige Arbeit für Björn Lubach und Josef Neuwirth aus Gurk sowie Edith und Peter Jascha, die mit Josef Bader jedes Jahr extra aus Mistelbach in Niederösterreich zum Helfen anreisen: "Wir kommen schon Jahrzehnte zu diesem Ereignis. So ein Kunstwerk gibt es nicht alle Tage zu sehen und zu begreifen."

Fingerspitzengefühl war am Mittwoch gefragt
Fingerspitzengefühl war am Mittwoch gefragt © Gert Köstinger