Er packte eine Hose, Schuhe, Socken, einen Rasierpinsel und Schuhcreme in einen kleinen Koffer und verabschiedete sich von seiner weinenden Mutter. Dann machte sich Viktor Baumgartner auf den Weg nach Australien. Das war 1960. Baumgartner war gerade erst einmal 19 Jahre alt. Es sollte mehrere Jahrzehnte, genauer gesagt bis 1994, dauern, bis der Auswanderer das nächste Mal Kärntner Boden betreten würde. Und auch jetzt stattete der mittlerweile 83-Jährige seiner Heimat, seiner Familie und Freunden neuerlich einen Besuch ab.
Weltkarte am Boden ausgebreitet
Bei seiner Reise nach Australien verließ der damals 19-Jährige aber nicht zum ersten Mal seine Heimat, kehrte er zu dieser Zeit bereits von der Saisonarbeit in der Schweiz zurück. Da packte ihn die Sehnsucht, die Welt zu erforschen und zu erleben. „Gemeinsam mit zwei Freunden wollte ich ursprünglich nach Kanada auswandern. Da wir aber kein Englisch sprachen, bekamen wir dort auch kein Visum“, sagt Baumgartner. So hat man die Weltkarte am Boden ausgebreitet und die Wahl fiel schließlich auf Australien. Bereits zwei Wochen später trat er seine Reise an – per Zug und per Schiff. Mehrere Wochen später legte das Truppenschiff mit 300 Menschen an Bord, hauptsächlich Österreichern und Deutschen, im australischen Fremantle in der Nähe von Sydney an. In einem Weinbaugebiet fand er schnell Arbeit, auch eine Wohnung wurde bald gefunden. Dann hieß es für den gebürtigen St. Georgener, er war eines von zwölf Kindern, Englisch zu lernen. „Das war nicht sehr leicht, aber bald konnte ich genug, um mich verständigen zu können. Ich habe jeden Tag etwas Neues gelernt.“
Heidi und Karl
Kennengelernt hat er nicht nur die englische Sprache, sondern auch seine spätere Frau Jacqueline. Mit ihr, sie ist mittlerweile verstorben, gründete er eine Familie. Und obwohl der Auswanderer sagt, nie allzu große Sehnsucht nach der Heimat gehabt zu haben, trägt er diese trotzdem immer in seinem Herzen. Zu sehen ist dies in seinem Haus nahe Glenbrook, das er liebevoll „Little Austria“ – also „Kleines Österreich“ – nennt. Das Haus ist – ähnlich wie die Blockhütte, in der er am Längsee aufgewachsen ist – aus Holz. Verziert und dekoriert mit Stickereien und Bildern aus seiner alten Heimat. Und natürlich stehen auch Gulasch oder Wiener Schnitzel auf dem Speiseplan der Familie Baumgartner. Auch die Namen seiner beiden Kinder erinnern an Kärnten – sie heißen nämlich Heidi und Karl. Tochter, Schwiegersohn und Enkeltochter waren auch mit auf Heimatbesuch. 15 Besuche bei Verwandten und Freunden standen auf dem Plan, ehe es mit dem Flieger wieder zurück ans andere Ende der Welt ging. Baumgartners Mutter ist mittlerweile verstorben, ihren Koffer und den Rasierpinsel hält er jedoch noch immer in Ehren.