Erst bewahrt das Land Tirol die Gemeinde Matrei vor dem Konkurs. Dann schickt der Tiroler Gemeindeverband seinen Dienstleister GemNova in den Konkurs. Dazwischen funkt ausgerechnet in Innsbruck der österreichische Gemeindetag mit der Forderung nach mehr Geld vom Bund. Inzwischen gibt es Aufregung um den Präsidenten des Gemeindebunds, Alfred Riedl, und seinen enormen Gewinn durch eine Umwidmung. Prompt kritisiert auch der Präsident des Tiroler Gemeindeverbands Ernst Schöpf diese schlechte Optik. Und das alles hat zwar nichts miteinander zu tun, wirft aber wieder einmal die Frage nach der besten Aufgabenverteilung zwischen den Verwaltungsebenen auf.

100-Milliarden-Steuerkuchen

Die Aufeinanderfolge von kommunalen Pleiten, Pech und Pannen ist Zufall, die Verhandlungen um eine Neugewichtung von Bund, Ländern und Gemeinden haben hingegen System. 68:20:12 steht der Dreikampf um die größten Stücke vom 100-Milliarden-Steuerkuchen aktuell. Die Länder fordern für den künftigen Finanzausgleich einen Schlüssel von 60,5:25:14,5 Prozent. Wenig überraschend sehen sie für sich also die größte Steigerung vor. Sie bekämen um fünf, die Gemeinden um drei Milliarden mehr als bisher. Ein grundsätzliches Argument dafür ist das Subsidiaritätsprinzip der Europäischen Union: Höhere Verwaltungseinheiten wie der Staat sollen demnach nur Aufgaben erledigen, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Ebenen wie Länder und Gemeinden nicht in der Lage sind.

Tempo 30: Gemeinden sollen selbst bestimmen

Doch wer vermag das zu beurteilen? Skandale und Fehlleistungen wie die genannten gibt es nicht nur auf Gemeinde-Niveau. Menschliches Versagen und Systemfehler trotzen jedem Verteilungsschlüssel. Das rituelle Ringen um Geld ist eine derart hoch komplizierte Angelegenheit, dass sie sich dem Kampf um öffentliche Zustimmung entzieht. Schon die umstrittenen 100 Milliarden Euro sind eine Summe, die sich dem allgemeinen Vorstellungsvermögen entzieht. Wer im Tauziehen darum breite Unterstützung will, muss das bodenständiger begründen. Konkurs, Finanzskandal und Umwidmungsprofit sind verständlichere Begriffe. Deshalb spielt jeder solche Einzelfall in einer Gemeinde den Ländern und dem Bund in die Hände. Denn die nächstgelegene Verwaltungsebene ist immer die verständlichste.

Aus dieser Sicht kommt die Abfolge von Matrei, Gemnova und Riedl zum ungünstigsten Zeitpunkt für die Kommunen. Da die Geldargumentation aber ohnehin nur für wenige nachvollziehbar ist, bleibt die Aufgabenforderung. Gemeinden sollen endlich selbst bestimmen können, ob und wo sie Tempo 30 im Ortsgebiet verordnen. Worum es dabei geht, versteht im Gegensatz zum Finanzausgleich jeder.