Es schnurrt, es knurrt, es bellt, es miaut, es hoppelt und es liegt Tiergeruch in der Luft. So erlebt man den ersten Eindruck im einzigen Osttiroler Tierheim in Lienz. Hier werden auf der Straße gefundene Tiere oder Tiere, um die sich niemand mehr kümmern kann, aufgenommen und bestenfalls an neue Besitzer weitervermittelt. Heuer ist ein Rekordjahr: „Mehr als 270 Tiere sind heuer zu uns gekommen“, erklärt Christine Zangerl, die Obfrau des Vereins der Osttiroler Tierschützer. Das lag an einer Katzen-Geburtenflut im Herbst. „Uns wurden jeden Tag Katzenbabys gebracht“, sagt Zangerl. Derzeit bewohnen 87 Katzen, ein Hund und vier Hasen das Heim. „Wir konnten über 180 Tiere heuer vermitteln“, freut sich Zangerl, die somit auch die Notwendigkeit des Tierheims, das 2018 eröffnet wurde, bestätigt sieht. Wer ein Tier unterstützen möchte, es aber nicht selbst zu Hause pflegen kann, kann eine Tierpatenschaft übernehmen. Dabei zahlt man einen Mindestbetrag von 15 Euro pro Monat. „Damit werden Verpflegung, Arztkosten und Pflege für ein Tier gedeckt“, erklärt Zangerl.
Von "Tierengeln" und gründlichen Überlegungen
In der Küche des Tierheims treffen sich Tierliebhaberinnen und Tierliebhaber aus dem ganzen Bezirk und tauschen ihre Geschichten aus. So auch Mathilde Posch und Angelika Außerlechner, beide aus Sillian. Die „Tierengel“, wie sie Zangerl nennt, haben jeweils jüngst ein Tier adoptiert. Posch hat dem 16-jährigen Billy, einem Rauhaardackel, ein zweites Leben geschenkt. Sein Vorbesitzer, ein Mann aus Niederösterreich, ist im September im Osttirolurlaub kollabiert und gestorben. Auch Billy war in einem schlechten Zustand: Kaputte Zähne, schwere Atmung und Fettgeschwülste machten ihm zu schaffen. Man stellte beim Tierarzt Überlegungen an, ihn einzuschläfern. Doch Posch traf das Tierheim-Team und verliebte sich sofort in Billy: „Sein Blick war noch so lebensfroh und er wackelte mit den Ohren.“ Sie nahm sich des Hundes an, machte ihn zu ihrem „kleinen Prinzen“ und päppelte ihn auf. Billy erholte sich und lebt nun glücklich mit zehn Katzen (die meisten auf der Straße gerettet) und drei weiteren Hunden bei den Poschs in Sillian.
Außerlechner entdeckte vor einem Jahr die Hauskatze Mira, die in Dölsach auf der Straße gefunden und ins Tierheim gebracht wurde und verliebte sich in den Stubentiger mit dem „schwarzen Herz“ im Fell. Doch heuer im Herbst erkrankte die Katze an feliner infektiöser Peritonitis, einer Viruserkrankung, die die Organe angreift. Nur dank einer aufwendigen Behandlung konnte ihr das Leben gerettet werden. Heute ist sie wieder fit und springt durch das Haus. „Dieser Einsatz für die Tiere ist wünschenswert“, sagt Zangerl. Daher rät sie jedem, der ein Tier aufnehmen möchte, sich im Vorfeld ausführliche Gedanken über den Zeit- und Kostenaufwand, die räumlichen Gegebenheiten und die Urlaubsunterkunft zu machen.
14 Tage Vergabesperre vor Weihnachten
Vor vorschnellen Entscheidungen, Tiere zu Weihnachten zu verschenken, warnt Zangerl. Zu oft wurden in der Vergangenheit Tiere verschenkt und gleich nach Weihnachten wieder zurückgebracht - ein enormer Stress für die Tiere. „Tiere sind kein Weihnachtsgeschenk“, sagt Zangerl. Wer mit einem Haustier eine Freude machen möchte, der sollte unter den Weihnachtsbaum etwas Symbolisches wie einen Kratzbaum legen. In Lienz gibt es daher, wie auch in vielen Tierheimen Österreichs 14 Tage vor Weihnachten eine Vergabesperre. Wer sein Haustier abgeben möchte oder muss – aus diversen Gründen - sollte früh genug Kontakt aufnehmen und darauf achten, dass die Hunde und Katzen geimpft sind. „Das ist Voraussetzung nach dem Tierheimschutzgesetz“, erklärt Zangerl.