Das Ködnitztal in Kals: eine idyllische Landschaft am Fuße des 3798 Meter hohen Großglockners, Österreichs höchstem Berg. Hier sind die "Big-Five" des Nationalparks Hohe Tauern (Bartgeier, Steinadler, Murmeltier, Steinbock, Gams und Adler) beheimatet und auch sonst gibt es so einiges zu entdecken. Doch für Menschen mit Gehbeeinträchtigung ein Ort, der unmöglich zu erreichen scheint. Oder? Nein.
Die Leitung des Nationalparks hat sich dem Thema Inklusion angenommen und den Themenweg ins Ködnitztal, die sogenannte Glocknerspur, nicht nur neu und barrierefrei gestaltet, sondern auch für Unterstützung gesorgt. Zwei Swiss-Tracs – elektrische Zugmaschinen für Menschen im Rollstuhl – wurden angeschafft. Diese sind, gemeinsam mit einem E-Scooter kostenlos auf Reservierung buchbar. Christina Obwexer aus Matrei war mit uns unterwegs und hat das Rollstuhl-Wandern getestet. Christina ist seit einem Autounfall 2004 querschnittsgelähmt. Ihren Lebensmut hat sie jedoch nie verloren. "Ich habe gekämpft und war schon ein Jahr später mit den Skiern unterwegs." Und der Ehrgeiz wuchs weiter. Sie begann Rennen zu fahren und wurde mehrfache Tiroler und fuhr bei den österreichischen Meisterschaften vorne mit. Heute ist sie vermehrt als Skitrainerin im Einsatz und leitet den Verein Snowclan.
Der Swiss-Trac zieht davon
Wir treffen uns am Parkplatz des Nationalparkzentrums "Glocknerwinkel" in der Nähe des Lucknerhauses. "Ich bin gespannt", sagt Christina. "Hallo, ich bin der Martin", begrüßt uns Martin Troyer, seit einigen Wochen Zivildiener beim Nationalpark. Es ist sein erster Tag als "Aushilfs-Ranger" im Glocknerwinkel. Er gibt Christina einen kurzen Überblick ("Der zweite Gang ist der Hoppelhase"), wir starten los. "Und tschüss", lacht uns Christina an und gibt Gas. Der Swiss-Trac und Christina ziehen davon und wir schnaufen hinten nach.
Durch Stock und Stein und durch den Bach
Nach einigen Metern erreichen wir eine Plattform mit Rampe. "Die Themenwege wurden barrierefrei gestaltet, die Infotafeln wurden auf Sichthöhe angebracht", informiert Martin. Unser Weg führt uns weiter, über eine Brücke zu weiteren Plattformen, durch einen kleinen Bach und über ein recht steiles Wegstück. Kein Problem für die elektrische Zugmaschine. "Herrlich", grinst Christina. Das Wetter schlägt um, die Wolken verdichten sich, jetzt geht es schnell. Keine zwei Minuten später stehen wir im strömenden Regen. Unsere Rettung: Daniel Covaci und sein Regenschirm. Der Siebenbürgener ist gerade in Osttirol, da er für die Dreharbeiten von "Ein ganzes Leben" einen Oldtimer in den Bezirk transportiert hat. Das erzählt er uns, als wir langsam wieder umkehren. "So eine freundliche Begegnung hast du nur auf dem Berg", sagt Christina. Wir sind fast wieder beim Glocknerwinkel. Der Himmel reißt auf, die Sonne strahlt. Fast zu kitschig.
Zeit fürs Fazit: "Unkompliziert zu bedienen, fährt gut, über Stock und Stein – perfekt", sagt Christina. Auch wenn sich der Glockner heute hinter den Wolken versteckt hat, wir haben alles erlebt, was eine spannende Wanderung braucht. Christina blickt ins leicht dämmernde Abendrot: "Das gibt mir ein Stück Freiheit zurück."