Der Thurner Ortschronist Raimund Mußhauser kennt das Kreuz, das jahrzehntelang unter dem Giebel der Jaga-Alm hing, schon aus Kindertagen. "Später fotografierte ich als Chronist alle Feldkreuze, Bildstöcke und Hauskreuze der Gemeinde, so kam ich wieder auf dieses Kreuz. Dabei fielen mir die romanisch anmutenden Züge auf", schildert Mußhauser.
Gemeinsam mit dem Verein S'Kammerlander bot er dem Jagabauer Josef Possenig an, das Kreuz restaurieren zu lassen: Die Arme wurden wieder fixiert, die Krone ausgebessert, mit Dornen versehen und befestigt. Nägel für Hände und Füße wurden angefertigt und der Querbalken fixiert.
Uralte Bildhauerkunst
Jahre später wurden Reinhard Rampold vom Bundesdenkmalamt und Diözesankonservator Rudolf Silberberger auf das Kruzifix von der Jaga-Alm aufmerksam. Das erste spontane Urteil der Experten: Der Korpus sei eindeutig romanischen Ursprunges, die Arme später dazugekommen. Das Kreuz sei gotisch und typisch für diese Zeit.
Für Leo Andergassen vom Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschiche verweist die Machart "auf eine Pustertaler Produktion um 1250". Für eine abschließende Altersbestimmung wurde in einem Labor in Deutschland eine C14-Radiokarbon-Untersuchung durchgeführt. Sie ergab, dass das Holz, aus dem der Korpus geschnitzt ist, aus den Jahren zwischen 1052 und 1217 stammt.
Rückkehr ins Dorf
Lange bevor dieses Kruzifix seinen Weg auf die Alm fand, sei es laut dem Osttiroler Kunstexperte Rudolf Ingruber möglicherweise über dem Eingang zur Apsis einer kleinen romanischen Kirche gehangen. Dafür infrage komme die Thurner St. Nikolauskirche, in deren unmittelbarer Nähe der Jagahof liegt, der für das irgendwann aus der Mode gekommene Kreuz Verwendung auf seiner Almhütte fand. Nun ist es nach Jahrhunderten wieder ins Dorf zurückgekehrt. Öffentlich präsentiert wird das Kreuz in einer gut gesicherten Vitrine im Stiegenhaus des Gemeindezentrums Thurn.