Von der "ruhigen Gartensiedlung", in die die Bewohner am Fratres im Norden der Stadt Spittal ihr Geld investiert haben, ist derzeit keine Rede. Die liebevoll gestalteten Terrassen und Gärten sind nicht nutzbar. Zumindest nicht, wenn eine Sperre der Lieserschlucht das ehemals begehrte Wohngebiet zur Verkehrshölle macht. "Es ist ein Horror", schildert Ingrid Gräbner bei einem Lokalaugenschein just in dem Moment als das nächste Auto über einen Kanaldeckel rattert. 

Seit Jahren hält der Fratres als Umleitungsstraße her und wird das auch künftig wochen- oder monatelang müssen. "Über 12.000 Fahrzeuge am Tag werden dann auf eine Straße geleitet, deren Gegebenheiten dafür nicht geeignet sind", betont Herbert Pirker. Autos, LKW, Busse, Motorräder sorgen für andauernden Lärmpegel. "Unser Obst und Gemüse ist nicht mehr genießbar", sagt Josef Steurer und Marie-Laure Cabon schildert: "Mein Hände, sogar meine Zähne, waren ölig und schwarz, als ich kürzlich die Hecke bearbeitet habe."

"Haben Angst um die Kinder"

Abgesehen von der Lärm-, Feinstaub- und Schadstoffbelastung, die laut der ebenfalls betroffenen Ärztin Beatrix Amenitsch bereits  gesundheitliche Auswirkungen habe, bestehe auf dem schmalen Gehsteig Gefahr für Fußgänger, besonders für Kinder und ältere Menschen. Denn immer wieder müssten LKW und Busse auf den Gehsteig ausweichen, weil sie auf der schmalen Straße sonst nicht aneinander vorbeikommen. Dazu noch der starke Fahrtwind der großen Fahrzeuge und mangelnde Rücksicht. "Unser Traum vom Leben am Fratres hat sich leider in einen Albtraum entwickelt. Wir haben Angst um unsere drei Kinder", schreibt auch Josef Wilscher in einer Stellungnahme. Radfahren ist auf der Fratresstraße seit Kurzem übrigens verboten, weil es zu gefährlich ist.

Dieser abenteuerliche Zebrastreifen beginnt oder endet in einer Böschung. Laut Bezirkshauptmann soll dieser Missstand aber beseitigt werden
Dieser abenteuerliche Zebrastreifen beginnt oder endet in einer Böschung. Laut Bezirkshauptmann soll dieser Missstand aber beseitigt werden © Camilla Kleinsasser

Bei allem Verständnis für die Umsetzung des Radweges durch die Lieserschlucht, jetzt reicht es den Bewohnern: "Vor allem weil uns niemand sagt, wann das wirklich beendet ist. 2026? 2027? Wir bekommen keine definitive Antwort, niemand fühlt sich zuständig für unsere Anliegen", beschwert sich Sigi Grutschnig.

Forderungskatalog

In einem Pressegespräch haben die Anrainer am Freitag ihre Forderungen kundgetan: Es dürfe keine Totalsperre der Schlucht mehr geben, eine Tempo 30-Beschränkung für den Fratres, strenge Geschwindigkeitsüberwachung, Lärm- und Schadstoffmessungen, ein Fahrverbot für KFZ über 3,5 Tonnen sowie Wohnwagengespanne und: "Kein Schienenersatzverkehr mehr mit Bussen vom Bahnhof Spittal über den Fratres. Es steht uns eine monatelange Sperre der Tauernschleuse bevor! Es gäbe bessere Ein- und Umstiegsmöglichkeiten in Lendorf oder Rothenthurn mit naher Auffahrt auf die A10 nach Salzburg", schlägt Grutschnig vor.

Besorgte Anrainer: Maria Elisabeth Ebner, Marie-Laure Cabon, Sigi Grutschnig, Beatrix Amenitsch, Ingrid Gräbner, Josef Steurer, Roland Ebner und Herbert Pirker
Besorgte Anrainer: Maria Elisabeth Ebner, Marie-Laure Cabon, Sigi Grutschnig, Beatrix Amenitsch, Ingrid Gräbner, Josef Steurer, Roland Ebner und Herbert Pirker © Camilla Kleinsasser

Das sagen Land und Bezirkshauptmann

Die ÖBB mit diesem Vorschlag zu befassen, darin würde  Bezirkshauptmann Klaus Brandner die Bewohner unterstützen. Ansonsten äußert er, selbst am Fratres zu Hause, "volles Verständnis", aber: "Es gibt keine andere praktikable Lösung." Die Bezirkshauptmannschaft ist die zuständige Verkehrsbehörde. "Ich habe schon öfter eine Umleitung über die Autobahn mit Mautfreistellung angeregt, die das Bundesstraßen-Mautgesetz aber scheinbar verbietet und mit der Baustelle auf der A10 macht das jetzt auch keinen Sinn." Eine Tempo-30-Beschränkung würde laut Experten in Bezug auf Lärm und Abgase nichts bewirken. Bei viel Verkehr könnten die Fahrzeuge ohnehin kaum schneller fahren. Der aktive "Radarkasten" am Fratres zeige auch, dass es kaum Geschwindigkeitsübertretungen gebe. 

Seitens des Büros von Straßenbaureferent Martin Gruber heißt es, ein konkreter Bauzeitplan für den Radweg in der Lieserschlucht hänge noch "von einer Großvorhabensprüfung durch den Landesrechnungshof"ab. Die Straßenbauabteilung habe aber mit den Gemeinden Spittal und Seeboden abgestimmt, zu welchen Zeiten es keinesfalls zu Sperren komme dürfe und wann die Schlucht zumindest halbseitig befahrbar sein müsse, damit nicht auch der ganze Urlauberverkehr über den Fratres geleitet werde.