Staubzucker liegt in der Backstube in der Luft. Und die Aromen von Vanille, Aranzini und Lebkuchengewürz. Es ist Wehmut dabei, wenn Ernst Lienbacher daran denkt, dass es seine letzte Keksbacksaison ist. "Aber ich erreiche mein Pensionsalter", sagt der Konditormeister. Den Familienbetrieb führt er in zweiter Generation gemeinsam mit seiner Frau Astrid. Unmengen an Mehl, Zucker, Eier und Butter werden gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen verarbeitet. Alles Zutaten, die - zum Leidwesen von Konditoren und Bäckern - auch einer teils massiven Teuerung unterliegen.
"Bei uns sind trotzdem alle Produkte handgemacht. Es wird null Handelsware zugekauft", betont Lienbacher. In der Konditorei bestehe derzeit aus anderen Gründen Erklärungsbedarf. Dass sich eine Ära langsam dem Ende zuneigt, ist nämlich ein offenes Geheimnis. "Es war klar, dass es familiär nicht weitergeht", so der dreifache Familienvater. Wie damals seine Eltern habe er mit seiner Frau Astrid, die ebenfalls gelernte Konditorin ist, den Kindern die freie Berufswahl ans Herz gelegt. Die beiden Söhne gehen in Richtung Mechatronik, Tochter Manuela ist klinische Psychologin.
Hochbetrieb in der Backstube
"Nach der Übernahme der damaligen Konditorei Santner in der Tiroler Straße durch meine Eltern 1956, übernahmen wir dreißig Jahre später den Betrieb in der Schillerstraße", schildert Lienbacher. Viel Zeit nachzudenken, bleibt derzeit aber nicht. Zusätzlich zu den Kuchen, Torten, Pralinen und handgeschöpften Schokoladen gilt es auch Lebkuchen, Christstollen und Weihnachtskekse zu backen.
In der Backstube, wo zu fünft gearbeitet wird, klingelt das Telefon: eine Großbestellung. Die Kärntnermilch benötigt kurzfristig 150 Stück "Petit Four", ein französisches Feingebäck. "In unserem Beruf muss man flexibel sein", bestätigt der Zuckerbäcker. Anders als bei den Bäckern wird nicht in Nachtarbeit, sondern tagsüber produziert.
1000 Pralinen täglich
"In der Vorweihnachtszeit produzieren wir pro Tag 1000 Stück Pralinen", verrät Lienbacher, während er ein frisches Blech Butterspritzgebäck aus dem Ofen nimmt. Bis 2021 war Lienbacher Innungsmeister der Kärntner Konditoren. Seit Jahrzehnten gehört er auch dem Klub der Köche Kärnten an. "Uns war die Lehrlingsausbildung immer wichtig", betonen Ernst und Astrid Lienbacher, die zurzeit zwei Lehrlinge ausbilden. Im Juli 2023 werden sie gemeinsam in Pension gehen. "Ich habe bereits mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen", so der 62-jährige Konditormeister. Vielleicht findet sich ja sogar schon in der Adventzeit ein zukünftiger Pächter, der den Kunden auch 2023 wieder süße Weihnachten beschert.