Welche Bedeutung hatte Religion in Ihrer Familie?
Engelbert Hofer: Eine sehr große. Ich bin in einer bäuerlichen Familie in Obermillstatt aufgewachsen, als drittes von zehn Kindern. Die religiöse Erziehung war stets miteingebunden. Es ging jeden Sonntag in die Kirche, ministriert haben wir auch. Ich erinnere mich gerne zurück, es war ein schönes Aufwachsen.
Was war schlussendlich ausschlaggebend für Ihre Entscheidung Priester zu werden?
Viel ist von der Mutter eingeflossen, die wollte, dass eines ihrer Kinder Pfarrer studiert. Mit dem Pfarrerwechsel im Ort kam das Ganze ins Rollen, er stellte uns Kontakte her. Auch ein Ansuchen musste gestellt werden. Schließlich wurde es nach der 4. Klasse Volksschule ernst für mich, die Aufnahmeprüfung in Tanzenberg hatte ich in Rechnen und Deutsch bestanden.
Welche Erinnerungen haben Sie an Tanzenberg?
Ich bin mit dem Bus alleine von Klagenfurt nach Tanzenberg gefahren, zuvor aber noch nie so weit gereist. Ich erinnere mich noch gut. Es gab eine genaue Liste mit Dingen, die man mit brauchte. Darunter auch zwei Pyjama und ein Leintuch. Meine Geschwister waren neidig, weil ich neue Sachen bekommen hatte. Pyjama hatten wir ja nicht, die Mutter musste alles selbst nähen. Ich weiß auch noch, dass ich die Wäschenummer 87 bekam.
Einer der größten Reformschritte in der Katholischen Kirche, das zweite Vatikanische Konzil, fällt in Ihre Anfangsjahre. Wie haben Sie diese Umbruchphase erlebt?
Das war ein großer Schritt. Wir haben überall davon gelesen und gehört. Plötzlich kam da mit Johannes XXIII ein Papst mit viel Wärme und Menschlichkeit. 1962 habe ich maturiert und da war das Ganze sehr prägend für mich. Ich habe die Messe noch im alten Ritus gelernt, aber dann nie praktiziert. Ich wüsste auch nicht, dass es in meinem Umfeld Gegner des Konzils gegeben hat. Wir sind alle mit auf dieser Welle der Neuerung.
Was war für Sie einer der wichtigsten Schritte im Rahmen des Konzils?
Die Öffnung gegenüber der Welt, auch gegenüber der Menschheit. Dass man sich nicht in die Sakristei zurückzieht, sondern die Gläubigen anschaut. Mein Pastoralpraktikum, wenn man so will, habe ich auf einer Studentenwanderung in Holland gemacht. Dort habe ich Lieder gelernt und wie man eine Messe zelebriert. Vor allem auch, wie man aus eigenen Gedanken ein Gebet spricht. Das gab mir sehr viel und wenn ich das so sagen darf: das hat mich zu einem offenen und engagierten Kaplan gemacht. Ich habe diese Studentenwanderung dann noch zwei Mal gemacht.
Welche neue Herausforderung stellt der Islam dar?
Das ist eine große Herausforderung. Trotzdem ist es wichtig, dass man auf die Menschen zugeht und nicht alle ins gleiche Eck drängt. Es gibt auch Positives und Menschen, die verantwortungsvoll mit der Religion umgehen. Das Problem ist aber, dass es eine durch und durch fundamentalistische Religion ist. Wir sind in ihren Augen Ungläubige. Und das ist auch heute oft noch stark da. Ich fände es wichtig, Menschen in ihren Herkunftsländern zu unterstützen. Europa wird ohnehin schon überschwemmt. Damit ist ihnen nicht gedient.
Wie kann man heutzutage als Priester im Hinblick auf die zunehmende religiöse Gleichgültigkeit agieren?
Es geht immer mehr in Richtung Event-Christentum. Bei Fleischweihen sind beispielsweise immer Leute anwesend. An einem normalen Sonntag wird es schwieriger. Die Menschen denken nicht daran, dass es eigentlich für sie ist. Die Begegnung mit Menschen ist deshalb zunehmend wichtiger, bei Taufgesprächen, vor Begräbnissen. Das sind Dinge, an die man anknüpfen kann. Und wenn man auf die Jugend zugeht, was mir immer ein Anliegen war, kann man sicher was erreichen.
Martina Schmerlaib