Eine kalte Brise Frühlingswind blies mir auf die Haut. Das Wetter zu Ostern 1945 war dem heurigen sehr ähnlich. Nicht wirklich eisig kalt, aber doch eine spürbare Kälte und vor allem eine spürbare Angst in uns. Der Krieg soll zu Ende sein, munkelte man. Die Russen sollen schon in Wiener Neustadt sein. Wir glaubten immer noch nicht an den Ernst dieses Gerüchtes, doch Ostern sollte Klarheit schaffen.
Wir: Das waren meine Mutter, mein zehnjähriger Bruder, meine siebenjährige Schwester und ich, damals 14 Jahre alt. Ich wurde in Wolfsberg geboren, doch mein Vater arbeitete an verschiedenen Baustellen. Und so war meine Kindheit von einem Wanderleben geprägt, denn die Familie zog immer mit. 1943 kamen wir in die Gegend von Heiligenkreuz in Niederösterreich, wo wir im Gärtnerhaus einer alten Villa wohnten. Es war die Dienstwohnung, die meinem Vater zur Verfügung gestellt wurde. Wie lebendig und nah ist mir sein Gesicht noch heute, als er uns Ende 1944 mitteilte, dass der Krieg wohl bald vorbei sein würde und dass riesige Flüchtlingsströme von den eindringenden russischen (damals sowjetischen) Soldaten flüchten würden. Sollte es soweit kommen, müssen wir unbedingt zu Hause bleiben, sagte er, damit er uns nicht verliert. Wir sind sein einziger Schatz.