Die Einrichtung umfasst knapp 96 Quadratmeter. Vom Arbeiter bis zum Geisteswissenschaftler treffen hier alle nur erdenklichen Schichten der Gesellschaft zusammen. Sie alle treibt derselbe Beweggrund an, die Pernhartgasse 10 in der Klagenfurter Innenstadt aufzusuchen. Sie alle sind auf der Suche nach dem Verlorenen, sie alle suchen Aufmunterung und tröstende Worte, wenn der schlimmste Fall eintrifft.

Nein, die Rede ist nicht von einem Therapiezentrum, wenngleich sich Dietmar Podobnig oft in der Rolle eines Psychiaters wiedererkennt. „Schon am Telefon sind die Menschen fertig, ehe sie überhaupt hierher kommen. Ich verstehe das, oft tut der ideelle Verlust mehr weh als der monetäre“, erklärt er mit ruhiger Stimme, während er an einem der zwei Bürotische im Klagenfurter Fundamt sitzt und abgegebene Fundstücke ins System aufnimmt.

Viele wissen nicht, dass das Fundamt existiert

An die 6000 Gegenstände liegen dort ab, von Handys, Schlüssel aller Art über Kleidung bis hin zu Geldbeträgen und Schmuck. 2003 ging das Fundamt aus der Verantwortung des Bundes in die Hände der Gemeinden. Bis dahin hatte man das Büro in der Landespolizeidirektion. Für Podobnig, der seit dem Umzug das Fundamt leitet, ein Grund, warum viele Dinge vergeblich auf ihren Besitzer warten: „Für viele ist das Fundamt noch als Teil der Polizeidienststelle in den Köpfen verankert. Dabei nehmen wir sogar Verlustanzeigen für Dokumente und ausländische Pässe an.“

Auf einem Tisch liegt ein schwerer Koffer ab, der erste Eindruck nährt die Fantasie. Etwa ein Geldkoffer, wie man ihn aus James-Bond-Filmen kennt? Bei näherer Betrachtung entschärft der Fundamtleiter die filmreife Vermutung, dennoch birgt der Koffer ein kurioses gelbfarbenes Gerät. „Könnte in der Statik für Messzwecke eingesetzt werden“, lautet seine nüchterne Einschätzung.

Ein Gebiss wechselte den Besitzer

Es gibt wohl kaum noch etwas, das Podobnig überrascht. Der skurrilste Fund in seiner Karriere? „Einmal wurde ein menschliches Gebiss abgegeben. Nach einiger Zeit kam ein Mann hereinspaziert und erkundigte sich, er hatte seines verloren. Die Freude, die verlorenen Zähne wiedergefunden zu haben, machten ihn sprachlos“, schmunzelt Podobnig und fügt mit einem Augenzwinkern an: „Nach ein paar Wochen kam selber Mann wieder zu uns ins Fundamt, um das Gebiss zu retournieren. Es bereitete ihm derart Schmerzen, dass es nicht das eigene sein konnte.“

Doch auch fünfstellige Geldsummen wurden schon abgegeben. 24.500 Euro warteten vergeblich ein Jahr lang, von ihrem Besitzer abgeholt zu werden. Das Geld ging nach dieser Frist schließlich an die Finderin zurück, so sieht es das Gesetz vor. Genauso ist es verpflichtend, Gefundenes ab einem Wert von zehn Euro innerhalb von drei Tagen zu melden, andernfalls können rechtliche Konsequenzen folgen. Bis 2000 Euro gibt es einen Finderlohn von zehn Prozent, Funde mit höherer Wertigkeit werden mit fünf Prozent vergütet.

Erfolgsquote liegt bei 40 bis 50 Prozent

Freilich passiert es aber auch oft, dass abgegebene Dinge weder vom Besitzer abgeholt noch nach Ablauf der Frist an den Finder zurückgehen. „Deshalb veranstalten wir zweimal im Jahr eine Kleideraktion im Volkshaus oder eine Fahrradversteigerung“, erklärt Annemarie Gruber, die seit 2016 im Fundamt mitarbeitet. Circa 100 Fahrräder werden gegenwärtig auf 170 Quadratmeter Fläche in einer Lagerhalle in Viktring aufbewahrt. Auch abgetriebene Boote und Kajaks sind dort vorzufinden.

Pro Jahr werden zwischen 4500 und 4800 Dinge wiedergefunden, die Erfolgsquote liegt bei 40 bis 50 Prozent. Circa 2400 bis 2500 Verlustanzeigen gehen beim Fundamt jährlich ein. „Es könnte aber noch mehr sein, wenn die Menschen besser um uns Bescheid wüssten“, meint Podobnig und appelliert deshalb an all jene, denen etwas abhandenkam, ihre zweite Chance im Fundamt zu nutzen.