Der Läufer Günther Weidlinger, Diskuswerfer Gerhard Mayer und Marathonläuferin Eva Maria Gradwohl werden bei den Olympischen Spielen keine Bäume ausreißen, von Medaillen überhaupt nicht zu reden. Vor acht Jahren in Sydney mussten Sie sich fast entschuldigen, dass sie hinter Maria Mutola "nur" Silber geholt haben. Irgendwie paradox, oder?
STEPHANIE GRAF: Ja, aber ich habe schon damals, als ich noch aktiv war, viele Schwächen in unserer Leichtathletik verdeckt. Der Fokus auf meine Person hat die Funktionäre mehr oder weniger sorgenfrei gemacht. Zumindest aber haben sie eine zum "Herzeigen" gehabt.

Heute gibt es keine aktive Graf mehr, die Spitzenathleten lassen sich an einer Hand abzählen und wenn man die Staatsmeisterschaften in Kapfenberg als Maßstab nimmt, geht es überhaupt bergab. Warum?
GRAF: Das ist der allgemeine Trend, die meisten haben es gerne schön. Außerdem: Wir waren ja nie ein Leichtathletik-Land. Strukturen haben immer gefehlt. Österreich hat immer von gewissen familiären Zellen gelebt. Die sind verschwunden, sieht man von einigen wenigen ab. Die Zeiten, wo die Eltern mit ihren Kindern im Verein gearbeitet haben, sind ebenfalls vorbei.

Konkret: Woran krankt es?
GRAF: Es beginnt bereits in der Schule. Die Kinder von heute wachsen mit viel zu wenig Bewegung auf.

Gut, wenn aber einer in einem Verein Leichtathletik betreiben will, bekommt er dann eine qualifizierte Ausbildung?
GRAF: Das ist ja das Problem: Es fehlt an qualifizierten Trainern. Da müssten Profis her, was aber wieder eine finanzielle Frage ist.

Was macht der Leichtathletikverband, setzt dieser keine Initiativen?
GRAF: Ich glaube, der findet ohnehin alles "klass". Die Funktionäre sind selbstverliebt und haben ihre Posten. Das reicht ihnen.

Ihnen nicht, Sie wollten etwas verändern, haben mit Kollegen zukunftsorientierte und finanziell machbare Konzepte vorgelegt. Was ist daraus geworden?
GRAF: Nichts. Nur: ich gehe nicht betteln, damit ich etwas machen kann. Die Leichtathletik fasziniert mich aber noch immer, ich bin mit Herzblut bei der Sache. Deshalb arbeite ich auch mit einem talentierten Kärntner 800-m-Läufer zusammen. Andreas Rapatz auf internationales Niveau heranzuführen ist mein großes Ziel.

Bei den Spielen in Peking ist für die Leichtathletik ein Desaster programmiert. Welche Lehren sind daraus zu ziehen?
GRAF: Es ist dringend notwendig, neue Strukturen aufzubauen und sich von jenen Funktionären zu trennen, die nicht die Leichtathletik, sondern sich selbst lieben.