Kaum senkt sich die Dämmerung über die Stadt, tummeln sie sich auf Plätzen, in den Gassen, suchen Mülltonnen heim oder gehen entlang der Wasserläufe auf Nahrungssuche – seit Monaten halten Ratten und Mäuse Udine in Atem. Hunderte Beschwerden gingen im Sommer bei der Gemeinde ein, die das Problem auch seit Jahren offensiv bekämpft. Kritische Zonen werden seit 2016 ständig überwacht und desinfiziert, etwa Schulen, Parkanlagen oder leer stehende Gebäude. In anderen betroffenen Gebieten rücken im Bedarfsfall Kammerjäger an. Da das offenbar nicht ausreicht, trat im September ein neuer Aktionsplan in Kraft. "Die Rattenvermehrung ist leider ein bekanntes Problem, daher setzen wir nun auf mehr Prävention, anstatt wie bisher eher auf Anzeigen hin zu reagieren", so die zuständige Stadträtin Eleonora Meloni in einem Interview. Die Nager sind Überträger gefährlicher Krankheiten wie Typhus und Paratyphus und Erregern wie dem Hanta-Virus oder Parasiten und somit auch eine Gefahr für die öffentlich Gesundheit.
Ein mehrstufiges Programm sieht vor, zuerst mittels Köder zu ermitteln, welche Zonen in welchem Ausmaß betroffen sind und in der Folge die Leckerlis durch Giftköder zu ersetzen. Die Maßnahmen starten in der Altstadt, wo die meisten hausen, werden aber auf das gesamte Stadtgebiet erweitert. Über 15 Monate übernimmt eine Spezialfirma das Monitoring.
Rattenhochburg Venedig
So richtig greift das Sanitätsprogramm allerdings noch nicht, denn erst vor einigen Tagen ärgerten sich einige Ladenbesitzer über Dutzende Ratten auf der Piazza San Giacomo. "Gegen Mitternacht kamen sie aus ihren Löchern. Es ist schon seit Jahren schlimm, aber so arg wie jetzt war es noch nie."
Die Rattenhochburg in Norditalien bleibt aber nach wie vor Venedig, wo die berüchtigten "Pantegane", wie die Wander- oder Kanalratten im Dialekt heißen, immer wieder für Aufsehen sorgen. Die 30 Zentimeter großen Säugetiere fallen auch bei Tag immer wieder Menschen an. Gebissen wurde heuer noch niemand, die letzte Attacke erfolgte im Sommer 2022, als eine Dame auf dem Weg zur Arbeit in der Nähe des Markusplatzes in den Fuß gezwickt wurde. Die "Pantegane" ernähren sich hauptsächlich von Abfällen und haben in Möwen, die mit ihren Schnäbeln die Müllsäcke aufpicken, eine starke Konkurrenz. Ist zu wenig Futter vorhanden, lösen letztere das Rattenproblem auf ihre Weise und entschweben mit der Rivalin im Schnabel.
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Lisa Kassin