Zwei Monate lang schwieg der Zweitverdächtige im Fall Danka. Bei seiner Verhaftung soll der Mitarbeiter der Wasserwerke noch zugegeben haben, das Dienstfahrzeug gelenkt zu haben, mit dem das Mädchen am 26. März angefahren wurde. Bei Befragungen durch die Staatsanwaltschaft machte er später von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Als bekannt wurde, dass er sein Schweigen brechen will, waren die Hoffnungen groß, dass das Schicksal von Danka endlich aufgeklärt werden würde.

Diese Hoffnungen wurden aber enttäuscht: In der dreistündigen Befragung durch die Oberstaatsanwaltschaft Zaječar bestritt der 50-Jährige am Dienstag alle Vorwürfe. Er widerrief sein Geständnis vor der Polizei. Im Beisein seines Verteidigers soll er genau beschrieben haben, was er vom 26. März bis zum Tag seiner Verhaftung getan habe. Er gab zu, den Pkw gelenkt zu haben. Er bestätigte, dass der Hauptverdächtige mit ihm im Fahrzeug saß, und er gestand auch, dass er zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert gewesen sei. Der Mann bestritt allerdings, Danka angefahren zu haben. Es soll nie einen Unfall gegeben haben. Er habe das Mädchen weder an diesem Tag, noch jemals zuvor gesehen.

Geständnis des Hauptverdächtigen

Seine Aussage steht jetzt im Widerspruch zum Geständnis des Hauptverdächtigen. Dieser gestand der Polizei und später der Anklagebehörde den Mord an Danka. Nachdem der Zweitverdächtige das Mädchen angefahren haben soll, habe er sie ins Auto gelegt. Als sie zu Bewusstsein kam, will der Hauptverdächtige Danka erstickt haben. Danach warfen die Männer ihre Leiche auf eine Mülldeponie. Zwei Tage später wurde sie an einen unbekannten Ort gebracht. Bis heute wurde ihr Körper nicht gefunden.

Strafverteidiger Borivoje Borović
Strafverteidiger Borivoje Borović © Wikipedia/medija Centar Beograd

Für einen der bekanntesten und erfahrensten Strafverteidiger Serbiens, Borivoje Borović, bricht der gesamte Fall gerade in sich zusammen: „Wir können nicht mehr davon sprechen, dass das Mädchen ermordet wurde. Es gibt keine juristische Qualifikation mehr dafür. Es scheint keine materiellen Beweise dafür zu geben. Ihre Leiche wurde bisher nicht gefunden. Keine DNA-Spuren konnten ihr bisher zugeordnet werden. Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass es in diesem Fall je zu einer Anklage kommen wird“, sagte der 70-Jährige in Interviews gegenüber mehreren serbischen Medien.

Beweisführung gefährdet

Laut dem Juristen habe die Polizei geschlampt. Oberstaatsanwaltschaft und die politisch Verantwortlichen hätten den Fall zur Farce verkommen lassen. „Polizeibeamte traten vor die Presse, klopften sich gegenseitig auf die Schulter, lobten ihre Arbeit und gaben Details der Ermittlungen preis. Politiker inszenierten sich medial als Wächter der öffentlichen Sicherheit. Aber nur die Anklagebehörde, die Oberstaatsanwaltschaft in Zaječar hätte das Recht gehabt, Ermittlungsdetails öffentlich bekannt zugeben. Und zwar nur solche, die die Beweisführung nicht gefährden“, erklärt Borović.

Durch diese Veröffentlichungen müsse der Zweitverdächtigen erkannt haben, dass er wegen schweren Mordes verurteilt werden könne und ihm eine lebenslange Strafe drohe, mutmaßt der Anwalt: „Bei seiner Verhaftung könnte er noch gehofft haben, lediglich wegen eines Verkehrsunfalles belangt zu werden. Mittlerweile wird ihm klar geworden sein, dass es auch dafür keine stichhaltigen Beweise gibt. Angesichts des gewaltsamen Todes des Bruders des Hauptverdächtigen während der Untersuchungshaft wird er sich wohl darauf berufen, dass ihm sein Geständnis von der Polizei mit Gewalt in den Mund gelegt wurde.“ Sei das Geständnis ohne Rechtsbeistand zustande gekommen, dann habe es vor Gericht keinerlei Beweiskraft mehr, erklärt der Jurist.

Skandal für Serbien

Alleine das Geständnis des Hauptverdächtigen werde, so Borović für eine Anklage oder gar eine Verurteilung ebenso nicht ausreichen: „Es werde auch hier faktische, forensisch belegte Beweise brauchen. Kann die Polizei diese binnen sechs Monaten nicht erbringen, dann müssen die Verdächtigen aus der Untersuchungshaft entlassen werden.“Für Borović habe sich das traurige und ungewisse Schicksal des Mädchens zu einem beschämenden Skandal für Serbien entwickelt. „Sind die Verdächtigen unschuldig, dann sind hier grobe Menschenrechtsverletzungen passiert. Sind sie schuldig, dann habe man wohl die Klärung des Falls und die Verurteilung der Täter fahrlässig vereitelt“, bilanziert der Strafverteidiger.