"Das Thema Suizid ist nach wie vor eines der großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Die mit der Tabuisierung einhergehende Scham der Betroffenen und ihrer Angehörigen erschwert den Umgang mit der lebensbedrohlichen Krise zusätzlich", sagt Kärntens Gesundheitsreferentin Landesrätin Beate Prettner (SPÖ). Daher organisiert die Abteilung Gesundheit in der Landesregierung am Donnerstag eine Fachtagung zum Thema Suizidprävention. Ziel sei es, zur Enttabuisierung beizutragen und mit Expertinnen und Experten an konkreten Schwerpunkten zu arbeiten, so Prettner.

Erstmals wird dabei eine Fünfjahresbilanz der Kärntner Suiziddatenbank vorgelegt. Was sich darin zeigt: Eine Berufsgruppe ist besonders betroffen: nämlich Landwirtinnen und Landwirte. "Laut Kärntner Suiziddatenbank wurden seit 2018 50 Suizide in diesem Umfeld registriert, davon 45 bei Männern", sagt Mental Health Coach und Psychologin Christina Wernig.

Schein der "heilen Welt"

In diesem Bereich berge die Tatsache, dass Arbeit und Leben sehr ineinandergreifen, Krisenpotenzial. Zudem würden Probleme oft von Generation zu Generation weitergegeben und dadurch immer belastender. Und während man bemerke, dass die junge Generation erfreulicherweise vermehrt Hilfe annehme, sei die ältere Generation oft bemüht, den Schein der schönen, heilen Welt aufrechtzuerhalten, erklärt Wernig. Daher wird dem bäuerlichen Umfeld bei der Fachtagung ein Schwerpunkt gewidmet – ebenso wie dem Thema Suizid im fortgeschrittenen Alter.

Hochbetagte besonders gefährdet

Während man früher auf die Zahlen der Statistik Austria angewiesen war, die oft zeitverzögert veröffentlicht wurden, verfüge man seit 2018 dank der Kärntner Suiziddatenbank über tagesaktuelle Zahlen. "Mit der Suiziddatenbank haben wir die Möglichkeit, anhand von 30 Parametern den Risikofaktoren auf die Spur zu gehen und daraus Maßnahmen abzuleiten", sagt Herwig Oberlerchner, von Beginn an Motor dieses Analysewerks. Seit 2018 wurden in Kärnten 525 Suizide analysiert. In Österreich nehmen sich im Schnitt jedes Jahr rund 1200 Menschen das Leben, in Kärnten rund 110 – wobei die Zahlen in den vergangenen Jahren leicht rückläufig waren.

"Erfreulicherweise schert Kärnten aus dem Trend bezüglich Zunahme bei Suiziden von jungen Menschen aus. Im Vorjahr hatten wir einen einzigen Fall unter 20 Jahren. Nichtsdestotrotz heißt es – und das ist auch unser klarer moralischer Auftrag –, tagtäglich alles daranzusetzen, unsere Kinder und Jugendlichen bestmöglich psychisch und mental zu stärken", sagt Prettner. Die höchste Selbstmordrate ist bei Männern mittleren Alters und bei Hochbetagten gegeben.

Risikofaktoren

Zudem ließ sich eine Reihe von Risikofaktoren ableiten wie chronische Konflikte in der Familie und in der Beziehung, chronisch schwerkranke Menschen, soziale Isolation oder unbehandelte psychische Erkrankungen. Je besser das psychische Versorgungsangebot, desto geringer sei die Suizidalität. Kärnten habe hier in den vergangenen Jahren große Schritte gesetzt – mit der neuen Psychiatrie und mit den vier ambulanten Zentren, sagt Oberlechner, der ebenso wie Prettner appelliert: "Nehmen Sie Unterstützung an! Reden hilft!"