Was als Betrug mit gefälschten Prüfberichten für Photovoltaikanlagen begonnen hat, weitet sich zu einem Millionen-Skandal aus. Darauf deutet eine Maßnahme der ermittelnden Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt hin: Sie hat Haftbefehl gegen zwei Beschuldigte erlassen, wegen Flucht-, Verdunkelungs und Tatbegehungsgefahr, so StA-Sprecher Markus Kitz.

Die Brüder (47 und 57 Jahre, wohnhaft in Kärnten und der Steiermark) sind Geschäftsführer einer in Villach ansässigen Firma, die auf Entwicklung und Errichtung von Photovoltaikanlagen spezialisiert ist. Sie wurden vergangenen Montag in Graz festgenommen. Nahe dem Wifi, wo sie einen Kurs besucht haben sollen.

Reisepässe abgenommen

Nach zwei Tagen wurden die bislang unbescholtenen Männer wieder freigelassen. Sie mussten jedoch ihre Reisepässe abgeben. Der Haft-Richter sah keine ausreichenden Gründe für die Verhängung der Untersuchungshaft. Ermittelt wird gegen die Männer wegen Verdachts des schweren Betrugs, der Urkundenfälschung, der Veruntreuung und der betrügerischen Krida.

Insgesamt gibt es noch weitere fünf namentlich bekannte Beschuldigte, so StA-Sprecher Kitz. Gegen drei wird wegen Urkundenfälschung ermittelt, gegen einen wegen falscher Beweisaussage und Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung sowie gegen einen Beschuldigten wegen schweren Diebstahles durch Einbruch. Zudem wird gegen die Photovoltaikfirma nach dem Verbandsverantwortlichengesetz ermittelt. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Laut Ermittlern haben die Brüder, vermutlich im September 2021, den Stempel einer Elektrofirma aus dem Bezirk Klagenfurt-Land an sich genommen. 15 Monate lang soll die Villacher Firma für Photovoltaikanlagen offizielle Prüfberichte mit dem Stempel versehen haben. Ohne die PV-Anlagen gesehen und überprüft zu haben und auch ohne die dafür notwendige Konzession zu haben.

Erst mit diesen Berichten konnten die (unwissenden) PV-Anlagenbesitzer dann Förderungen beantragen. Geschädigte gibt es vor allem in Kärnten, aber auch in der Steiermark. Im Dezember 2022 erstattete der Chef des Elektrounternehmens Anzeige und brachte den Fall ins Rollen. Rund 100 Betrugsopfer und mehrere 100.000 Euro Schaden sind die vorläufige Bilanz.

Brand in zwei Anlagen

In zwei Fällen (in der Steiermark und in Niederösterreich) hatte die Vorgehensweise bereits Folgen: Die dort installierten und "überprüften" PV-Anlagen begannen zu brennen. Wer für den Sachschaden haftet, werden Gerichte klären müssen. Ebenso, wie die Frage, ob die Betrugsopfer Förderungen zurückzahlen müssen.

Der Betrug mit gefälschten Prüfberichten dürfte die Spitze eines Eisberges sein: Mittlerweile wird wegen Förderbetrugs ermittelt. Die Villacher Firma hat, so der Vorwurf, einerseits größere PV-Anlagen errichtet – mit Gemeinden oder als Bürgerbeteiligungsmodelle. Dafür gab es Zahlungen der an den Projekten Beteiligten und Förderungen. Letzteres gilt auch für riesige PV-Anlagen, die die Firma selbst betrieben hat, auf Dächern von Gewerbe- und Industriebetrieben oder auf Ställen.

Fördergeld kassiert

Dafür haben die Beschuldigten Wirtschafts- und Investitionsförderung sowie Geld für die Einspeisung des erzeugten Stroms kassiert. 40 bis 50 solcher Anlagen konnten die Ermittler bisher ausfindig machen. Einfache Rechnung: Je größer die PV-Anlage, desto mehr Geld war mit ihr zu verdienen. Und weil die Brüder dieses "Geschäftsmodell" seit vielen Jahren umsetzen, gehen Ermittler von 1,5 bis 2 Millionen Euro aus. Mindestens und mit steigender Tendenz.