172 Tage saß der Kärntner Familienvater Florian S. wegen Mordverdachts an seiner Tochter unschuldig im Gefängnis. Er soll laut einem Gerichtsgutachter das sechs Wochen alte Kind zu Tode geschüttelt haben. Aber ein Privatgutachter stellte als Todesursache den plötzlichen Kindstod fest. Nach einem "erniedrigenden" Prozess wurde der Mann 2021 rechtskräftig freigesprochen. Der Familienvater ist jetzt zwar voll rehabilitiert, doch die Zeit hinter Gittern ging nicht spurlos an ihm vorüber. "Es war ein Albtraum", sagte der heute 30-jährige gelernte Tischler beim Interview mit der Kleinen Zeitung im Vorjahr. "Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film."
Nach dem Freispruch forderte Rechtsanwalt Alexander Todor-Kostic die Republik Österreich auf, eine entsprechende Entschädigung für die ungerechtfertigte Haft ("Haftübel") zu bezahlen. Laut dem strafrechtlichen Entschädigungsgesetz beträgt die Höhe der möglichen Entschädigung 20 bis 50 Euro pro Tag des Freiheitsentzugs. Jetzt ist die Entscheidung gefallen: Florian S. wurde eine Haftentschädigung in Höhe von 8600 Euro zugesprochen, das ist mit 50 Euro pro Tag der höchstmögliche Betrag. "Die Höhe der Haftentschädigung in Österreich, auch im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, ist viel zu gering. Das wird seit Jahren kritisiert, auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", sagt Todor-Kostic. "Aber diesbezüglich bewegt sich derzeit nichts."
Mehr Entschädigung abgelehnt
Trotz der aktuellen Gesetzeslage habe er 120 Euro Entschädigung pro Tag für seinen Mandanten gefordert. "Für einen Tag leichte körperliche Schmerzen erhält man im Zivilverfahren zwischen 100 und 120 Euro. Das war der Richtwert für meine Forderung", sagt Todor-Kostic. Doch die Finanzprokuratur hat wenig überraschend abgelehnt. Sein Mandant habe diese Entscheidung akzeptiert und will keinen weiteren Rechtsstreit. Zusätzlich zur Haftentschädigung erhält der Kärntner den Verdienstentgang und einen Teil der Verteidigungskosten ersetzt.
Claudia Beer-Odebrecht