Das Bezirksgericht Klagenfurt ist auf den Hund gekommen. Oder genauer gesagt auf die Frage: Was ist in einer Hundefreilaufzone erlaubt?

Folgende Szenen spielten sich in Klagenfurt ab: Eine Frau ließ in einer eingezäunten Freilaufzone ihren Windhund unangeleint herumlaufen. Was erlaubt ist. Doch als eine andere Hundebesitzerin kam, lief ihr der Windhund entgegen. "Er bettelte um Leckerlis und sprang die Frau dabei mit den Vorderpfoten an", heißt es im Urteil.

Die Frau erschrak sich. Die Betroffene ist halbseitig körperlich beeinträchtigt. Der Windhund ist laut Gerichtsakt 60 Zentimeter hoch und wiegt über 20 Kilogramm. Das Tier habe nicht auf die Rückrufkommandos seiner Besitzerin reagiert. "Der Hund sprang die andere Frau noch einmal an, sodass diese nach hinten auswich, in ein Loch am Rasen trat, umknickte und sich am Fuß verletzte", steht im Urteil.

5000 Euro

Nach dem Vorfall klagte die verletzte Frau die Hundehalterin und wollte rund 5000 Euro Schmerzensgeld. Farhad Paya, der Anwalt der Beklagten, forderte eine Abweisung der Klage. "Denn wenn man in eine Hundefreilaufzone geht, muss man mit unangeleinten und herum rennenden Hunden rechnen", sagt Paya. Tatsächlich wies das Bezirksgericht Klagenfurt die Schmerzengeld-Klage ab. "Denn in der Hundefreilaufzone habe die Beklagte keine Verpflichtung gehabt, ihren Hund anzuleinen." Die Klägerin bekam keine Entschädigung zugesprochen.

Haftung fix

Doch ihr Anwalt legte Berufung gegen das Ersturteil ein. Mit Erfolg: Das Landesgericht Klagenfurt – als Berufungsgericht – hat völlig anders entschieden als die erste Instanz. "Laut dem nun aktuellen Urteil muss die Hundehalterin sehr wohl für den Vorfall haften", bestätigt Wilhelm Waldner, Leiter des Bezirksgerichtes Klagenfurt. Die Frau, die von dem Windhund angesprungen wurde, bekommt Schmerzengeld.

Warum? Grundsätzlich dürfe die Sorgfaltspflicht von Tierhaltern zwar nicht überspannt werden. Aber im konkreten Einzelfall hätte die Hundebesitzerin sorgfältiger und vorsichtiger sein müssen, erläutert Waldner. "Denn das Tier war nach den Feststellungen des Gerichts ein junger, relativ großer Hund. Er war lebhaft und ungestüm", sagt Waldner. Schon deshalb ergebe sich "eine das Normalmaß übersteigende Sorgfaltspflicht für die Hundehalterin".

Zudem stehe fest, dass die Beklagte nicht in der Lage war, ihren Hund durch Zurufe zu leiten. Vielmehr sei das Tier trotz entgegengesetztem Befehl die andere Frau noch einmal angesprungen. "Der Beklagten war ein derartig ungestümes Verhalten ihres Hundes bekannt", sagt Waldner. "Daher kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass sie eine Sorgfaltsverletzung begangen hat – ungeachtet des Umstands, dass man in der Freilaufzone grundsätzlich mit herumlaufenden Hunden rechnen muss." Nachsatz: "Aber auch in einer Hundefreilaufzone, darf ein Tier nicht machen, was es will."

"Fehlurteil"

Die Haftung ist rechtskräftig. Die genaue Höhe der Entschädigung beziehungsweise die Art der Fußverletzung muss erst geklärt werden. Paya findet klare Worte: "Das ist ein krasses Fehlurteil. Aber die Entscheidung ist zu akzeptieren, auch wenn sie für mich nicht nachvollziehbar ist."

Der Hund habe die Frau weder gebissen noch direkt verletzt. "Sie ist umgeknickt", meint Paya. "In letzter Konsequenz bedeutet das Urteil, dass jeder Hund, der ein bisschen lebendiger ist, auch in der Hundefreilaufzone angeleint werden muss. Aber das ist ja nicht der Sinn und Zweck einer Freilaufzone." Er findet: "Die Entscheidung ist eine Katastrophe für Hundebesitzer."