Oh, das war eine Wohltat, zumindest für ein paar Stunden: Die Sperren der Innenstadt für den Parkplatzsuchverkehr haben tadellos funktioniert, auch wenn sie nur an zwei Tagen und für ein paar Stunden galten. Alle fanden die Maßnahme gut, bloß die Opposition musste natürlich das Haar in der Suppe finden, sonst wäre sie ja keine gescheite Opposition: Man habe den Ort „zu früh“ abgesperrt, denn es hätte durchaus noch ein paar Parkplätze zum Anfahren gegeben, Fotobeweise prangten auf den entsprechenden Facebookseiten.
Die Gastronomen und Hoteliers sind jedenfalls endlich glücklich, alle Zimmer und Tische (und Parkplätze) sind belegt, zum Ferragosto-Feuerwerk sollen 80.000 Menschen im Ort gewesen sein. Zehn Touristen auf einen Einwohner – venezianische Verhältnisse! Bloß gut, dass es in Grado den Rhythmus von Haupt- und Nebensaison gibt; bald haben die Einwohner die Stadt wieder für sich. Was Venezianer leider nie für sich behaupten können.
Die Weißbrot-(Un)sitte
Reden wir über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: „Scarpetta“ ja oder nein – ist also das Aufstippen oder Auftunken (setzen Sie bitte hier Ihr Lieblingsdialektwort ein) des Nudel-Sugos mit einem Stück Brot statthaft oder nicht? Eine Umfrage des Autors auf Instagram ergab hundertprozentige Zustimmung der Sitte, denn der Sugo, schrieb eine Leserin, sei doch fast immer das Beste am Essen. Doch Etikettebücher finden das gar nicht gut. „Bei formellen Anlässen ist das absolut ungehörig“, erklärt Benimmexpertin Shubha Marta Rabolli. Wenn man sich gar nicht beherrschen könne, dann möge man das Stück Brot wenigstens auf eine Gabel spießen. Na, das ist ja fast noch seltsamer als mit der Hand. Und, klar: Beim Staatsbankett mit „VdB“ (wie Insider ihn nennen, wie ich hörte, und wer will kein Insider sein?), würde sich selbst der Autor dieser Zeilen die Scarpetta verkneifen, ob mit der Hand oder mit der Gabel.
Waschen wir uns die Fettfinger kurz im Meer: Die Segeljacht A wird derzeit immer wieder vor Grado gesichtet. Die modernste, größte, teuerste Segeljacht der Welt (143 Meter lang, acht Decks, 100 Meter hohe Masten, Baukosten 400 Millionen Euro, jetziger Wert 530 Millionen Euro) wurde 2022 von den italienischen Behörden beschlagnahmt, denn sie gehörte einem russischen Oligarchen, der Wladimir Putin allzu nah steht.
Und nun dümpelt sie im Golf von Triest dumm rum und schaut auch oft vor der Küste Grados vorbei, denn sie muss nun mal bewegt werden. Allein der Unterhalt der Jacht kostet den italienischen Staat zehn Millionen Euro pro Jahr. Zum Auftanken musste sie vor ein paar Wochen bis nach Venedig. Kurz recherchiert: Die Tanks fassen 757.000 Liter Diesel. Wie zahlt man eineinhalb Millionen Euro bloß beim Tankwart?
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Stefan Maiwald