„Das schönste Kompliment für mich ist, wenn Leserinnen am Boden zerstört sind.“ Was im ersten Moment hart klingen mag, ist ein gutes Zeichen für eine Autorin, die es geschafft hat, ihre Leserschaft mit einem Buch, einem Handlungsstrang, einer Geschichte oder einem Tod zu erreichen, zu berühren. Und gerade einen Charakter sterben zu lassen, fällt Angelina J. Steffort oft alles andere als leicht. „Ich habe selbst schon geheult, wenn ich jemanden um die Ecke bringen musste, wenn die Reise eines Charakters endet.“ Ihre Leserinnen – Steffort benutzt selbst zumeist die weibliche Form, da der Großteil derer, die ihre Bücher lesen, Frauen sind – fragen die Kärntnerin oft, wie sie es schaffe, so abgebrüht zu sein. „Aber das bin ich nicht, ich leide mit. Wenn ich die Menschlichkeit verlieren würde, wäre ich keine gute Autorin mehr.“

Schreibt mit Pseudonym

Angelina J. Steffort wuchs am Klopeiner See auf. Der Name ist ein Pseudonym (echter Name der Redaktion bekannt), sie wollte ihre Arbeit als Autorin nicht mit ihrem „realen Job vermischen, falls es schiefgegangen wäre“. Die Liebe zum Lesen fand die 40-Jährige erst spät, die Liebe zum Schreiben noch später. „Neben der Schule habe ich Schauspiel studiert. Ich habe zwar viele Theaterstücke gelesen, aber kaum Bücher. Ich habe nie mein Genre gefunden.“ Mit 19 Jahren änderte sich das. Schuld war der deutsche Schriftsteller Walter Moers und sein Buch „Die Stadt der träumenden Bücher“. Es folgte ein moderner Klassiker: die Harry-Potter-Bücher, aber auf Englisch. „Das war einfach etwas anderes als auf Deutsch. Da bin ich schnell in die englische Sprache geglitten. Auch heute brauche ich fürs Lesen auf Deutsch länger als fürs Lesen auf Englisch.“ Zudem begann Steffort bereits als Jugendliche damit, Liedtexte ins Deutsche zu übersetzen. Und heute ist sie mit einem US-Amerikaner verheiratet. So ist es nicht verwunderlich, dass die Mutter eines Siebenjährigen auch ihre eigenen Bücher auf Englisch verfasst.

Wie im Traum

Doch auch bis dahin war es ein weiter Weg. Nach der Matura und dem Elektrotechnik-Studium machte sie ihren „Master of Business Administration“ (MBA). „Ich bin um die Welt gereist, lebte neben Österreich in Deutschland, Japan, Südkorea, Schweden und den USA. Ich lernte unterschiedliche Kulturen kennen und auch, in welchen Kulturen man als junge Frau sprechen darf und in welchen nicht.“ 2010, als die Autorin gerade auf einer Studienreise in Berlin war, hatte sie einen Traum. „Der war so intensiv, dass ich die Kreaturen darin erst gezeichnet habe.“ Doch er ließ sie nicht los und so schrieb sie die Geschichte auf 16 Seiten nieder. „Ein paar Wochen später wusste ich genau, was passieren wird und ich schrieb mein erstes Buch.“ Das landete erst in einer Schublade. Als ihr Sohn 2016 zur Welt kam, dachte sie auch wieder an den Stapel Papier.

Und dann ging alles doch ganz schnell. Anfang 2017 entschied sich Steffort, ihr erstes Buch als Self Publisherin, also ohne Verlag, zu veröffentliche. Diese Entscheidung traf sie bewusst: „Bei einem Verlag braucht es oft Jahre, bis das Buch im Regal steht. Und grade bei den ersten Büchern wird viel mitgeredet. Ich war aber ungeduldig.“ Nachdem nur viereinhalb Monate später, Mitte April 2017, ihr erstes Buch auf Amazon zu kaufen war, ging es Schlag auf Schlag.

Über 30 Bücher in sieben Jahren

Inzwischen hat die 40-Jährige über 30 Bücher geschrieben und herausgebracht, darunter ein sieben Teile umfassendes Fantasy-Epos. Sechs teils abgeschlossene, teils noch offene Bücherreihen flossen bereit aus ihrem Kopf auf Papier, zahlreiche Charaktere und Geschichten, unzählige Seiten. Obwohl alle der Bücher mehr oder weniger fantastische Elemente aufweisen, spielen drei Reihen in demselben „Metaverse“, die Bücher spielen also in derselben Welt, nur auf anderen Kontinenten oder in anderen Zeiten.

E-Books, Hardcover, Paperbacks und Hörbücher zusammengerechnet, verkaufte Steffort bisher über 500.000 Exemplare. Ihre Bücher werden auf Amazon mit 4,5 Sternen bewertet – und das bei bis zu 2500 Rezensionen.

Inzwischen konnte Steffort ihr Hobby zum Beruf und ihren Beruf im Start-up-Bereich zum Hobby machen. Ihre Fangemeinde ist gerade in den USA riesig, manche von ihnen schreiben ihr bereits kurz, nachdem ein Buch veröffentlicht worden ist. „Eine Leserin hat mich fünf Stunden danach gefragt, wann der nächste Band erscheint, weil sie wissen muss, wie es weiter geht.“ Für Steffort ein riesiges Kompliment. „Ohne Leser ist ein Buch nur Buchstaben auf einer Seite. Zum Leben erwachen die Charaktere durch die Fantasie der Leserinnen.“

Deutsche Version mit Verlag?

Bislang gibt es ihre Bücher nur auf Englisch. Gerne würde die in Wien lebende Kärntnerin sie auch auf Deutsch veröffentlichen. Doch hierfür wäre ihr eine Zusammenarbeit mit einem Verlag lieber. „In der Zeit, in der ich ein Buch übersetze, kann ich auch gleich ein Neues schreiben“, sagt die 40-Jährige, die ihre Inspirationen oft aus alltäglichen Situationen zieht: „Das Leben ist eine Bühne. Ich sehe einen Menschen auf der Straße. Aus einer Handlung ergibt sich eine Motivation für einen Charakter, Hintergründe, Aufgaben.“

Stefforts zweite große Leidenschaft ist die Musik. „Es heißt ja so schön: Drei Kärntner sind ein Chor. Das Singen ist mir seit meiner Kindheit erhalten geblieben, ich bin im Wiener Singverein und habe den zweijährigen Universitätslehrgang zum Dirigieren eines Chors abgeschlossen.“