Fragen blieben beim Prozess rund um ein tödliches Busunglück auf der B 317 keine mehr übrig. Die Technik machte es möglich. Der auf Höhe Micheldorf verunfallte Flixbus war mit zwei Kameras ausgestattet. Eine zeigte die Straße, eine den Fahrer. Der 27 Jahre alte Lenker, der aus der Ukraine stammt und in Tschechien lebt, wurde am Freitag wegen grob fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt. Vor Gericht zeigte er sich geständig. Seine ursprüngliche Aussage, wonach er kurz vor dem Unfall nach einer Wasserflasche gegriffen habe, sei „Blödsinn“ gewesen. „Ich habe mich eigentlich nicht müde gefühlt und weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Es tut mir leid“, sagte der Mann vor Gericht.

Der Busfahrer bekannte sich vor Gericht schuldig
Der Busfahrer bekannte sich vor Gericht schuldig © KLZ / Markus Sebestyen

Die zur Aufklärung des Unfallhergangs geladene Sachverständige wusste genau, wie es passieren konnte. Der 27-Jährige ist gleich mehrmals am Steuer für kurze Momente eingeschlafen. Zuvor wechselte er derart oft die Spur – auch in den Gegenverkehr – dass man davon ausgehen kann, dass sogar der vorhandene Fahrspurassistent irgendwann schlicht aufgegeben und nicht mehr durch ein Lichtsignal und durch Vibrieren des Fahrersitzes gewarnt hat. „Wir sprechen hier von einem tranceartigen Zustand bzw. einem Schlafen mit offenen Augen. Man sieht, wie der Fahrer in den Raum starrt und plötzlich den Kopf nach oben reißt“, sagt Expertin Marianne Kraut. Das Video, das zeigt, wie der Bus ungebremst in eine Betonleitwand prallte, wurde bei der Verhandlung gezeigt. Neun Minuten vor dem Unfall um 4.39 Uhr versuchte sich der Fahrer noch durch einen kleinen Snack wachzuhalten.

Freund des Opfers schwer traumatisiert

Eine junge Frau aus Oberösterreich (19) ist beim Unfall am 19. September des Vorjahres ums Leben gekommen. Ihre Familie zeigte sich großherzig und durchaus verständnisvoll für die Lage des jungen Busfahrers. Man wolle nicht, dass er aufgrund des Unfalls auch noch finanziell in großem Ausmaß geschädigt wird, wurde vor Gericht ausdrücklich festgehalten. Die angemeldeten Ansprüche von 2000 Euro Teilschmerzengeld haben daher eher symbolischen bzw. auch rechtlichen Charakter.

Besonders schwer mit den Folgen des dramatischen Ereignisses hat es der Lebensgefährte der Verunglückten. Er hat den Tod seiner Freundin miterleben müssen und leidet seither an einer schweren depressiven Episode sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es war ihm aufgrund dessen nicht möglich, sein geplantes Medizinstudium überhaupt erst beginnen zu können.

42 Personen wurden beim Unfall teilweise schwer verletzt. Sie kommen unter anderem aus Italien, Slowenien, der Türkei, Neuseeland oder Mexiko und waren in dieser Nacht unterwegs von Prag nach Triest. Über die Versicherung des Transportunternehmens „Flix“ mit Sitz in München werden aktuell finanzielle Ansprüche geklärt. Eine Einigung soll es bis dato noch nicht geben. Der Unfalllenker ist weiterhin als Busfahrer tätigt. Allerdings nicht mehr in der Nacht und auf Fernstrecken. Er lenkt einen Linienbus in Prag.