Weil er einen Lokalgast niedergestochen und lebensgefährlich verletzt hatte, ist am Freitag ein 62-jähriger Wirt am Landesgericht Klagenfurt erneut wegen versuchten Totschlags vor Gericht gestanden und zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Der Slowene war schon vor einem Jahr zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte aber Teile des Urteils aufgehoben, weshalb neu verhandelt werden musste. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Grund der Urteilsaufhebung war eine falsch formulierte Zusatzfrage bei der Verhandlung vor einem Jahr. Während die Verurteilung wegen versuchten Totschlags rechtskräftig wurde, hatte der OGH entschieden, dass die Zusatzfrage, ob der 62-Jährige in Notwehr gehandelt hatte, falsch formuliert worden war. Die Geschworenen hatten diese Zusatzfrage schon damals verneint. Der aktuelle Prozess drehte sich also ausschließlich um die Frage, ob der Mann in Notwehr gehandelt hat oder nicht.

Einstimmiges Urteil

Für die Geschworenen war die Sache nach nicht einmal einstündiger Beratung klar: Sie entschieden einstimmig, mit acht zu null Stimmen, dass es sich bei der Tat um keine Notwehr gehandelt hatte. Richterin Sabine Götz, die dem Geschworenensenat vorsaß, erklärte, bei der Strafzumessung seien zwei Monate wegen der langen Verfahrensdauer abgezogen worden. Der Angeklagte erbat drei Tage Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

Zur Tat war es im August 2022 vor einem Lokal am Klopeinersee gekommen. Das Opfer, ein 35-jähriger Slowene, war mit seiner Familie in dem Gasthaus. Wegen einer Kleinigkeit war es zu einer Streiterei gekommen, bei der der 35-Jährige einen Kellner, den Sohn des Angeklagten, am Hals erfasste und gegen eine Wand drückte. Daraufhin wollte der 35-Jährige das Lokal verlassen. Der Kellner ging ihm nach, woraufhin es erneut zu einem Gerangel kam. Plötzlich eilte der damals 61-Jährige mit einem großen Messer aus der Küche und rammte es dem 35-Jährigen in den Bauch. Dieser überlebte nur dank perfekter Rettungskette und einer Notoperation.

Staatsanwalt Julius Heidinger widersprach von Beginn an der Notwehr-Darstellung: „Der Angeklagte sagt, dass er sein Opfer nicht töten, sondern nur erschrecken wollte und dass er selbst von dem Opfer angegriffen worden sei. Das ist aber mit dem gerichtsmedizinischen Gutachten nicht vereinbar.“ Vielmehr hätte sich das Bild ergeben, dass das „Gerangel“ bereits vorbei gewesen sei, als der fatale Stich erfolgte.

Keine Notwehr

Die Verteidigerin des Mannes, Christine Lanschützer, erklärte hingegen, bei der Tat habe es sich um eine „Notwehrüberschreitung“ gehandelt: „Weil mein Mandant im Schock war, weil er um die eigene Gesundheit und um die seines Sohnes gefürchtet hat. Und weil er in dieser Situation die berechtigte Angst hatte, dass er sich beim nächsten Angriff nicht mehr verteidigen kann.“ Der Stich sei nämlich während einer noch laufenden Auseinandersetzung erfolgt.

Das sagte der Angeklagte auch am Freitag gegenüber Richterin Götz. Mehr noch: Das Opfer habe seinen Sohn „in einem tödlichen Würgegriff“ gehabt. Auch ihn selbst habe der „Bodybuilder“ - wie er den 35-Jährigen bezeichnete - währenddessen mit einer Hand am Hals erfasst und ihm mehrere Faustschläge auf den Hinterkopf versetzt. Ganz glauben wollte die Richterin diese Ausführungen mit Verweis auf die dafür notwendige, ungewöhnliche Anzahl der Gliedmaßen des Opfers nicht: „Der Herr muss ja ein richtiger Oktopus sein.“

Auch die gerichtsmedizinische Sachverständige Alexandra Meierhofer widersprach der Darstellung, dass sich der Kellner in einem lebensgefährlichen Würgegriff befunden habe. Es gebe keine Verletzungen, die darauf hindeuten würden: „Ein Zupacken am Hals, ein Zerren am T-Shirt ja, aber ein Würgeangriff auf den Hals lässt sich nicht objektivieren.“ Vielmehr verwies sie auf die Schwere der Stichverletzung des damals 35-Jährigen: „In neun von zehn Fällen ist ein solcher Stich tödlich.“ Der 20 Zentimeter lange, quer durch den Bauch verlaufende Stichkanal widerspreche auch der Darstellung des Angeklagten, er habe „nur leicht“ zugestochen.