„Während der Pandemie ist die Schere aufgegangen zwischen Schülerinnen und Schülern, deren Eltern zugewandert oder materiell schlechter gestellt sind, und den übrigen“, sagt Bildungsexpertin Christiane Spiel. Weil diese Diagnose der Pisa-Studie nicht neu ist und die schlechten Ergebnisse seit Jahren auffallen, hat die Caritas Kärnten ein eigenes Bildungsprogramm laufen: „Von Montag bis Freitag kommen täglich über 250 Schülerinnen zu uns, erhalten eine Jause, machen die Hausaufgaben, spielen im Freien, lernen für Tests und Schularbeiten und gehen dann um etwa 16.30 Uhr nach Hause“, sagt Ernst Sandriesser, Direktor der Caritas Kärnten.

Dieses Service der „Lerncafés“ wird in Klagenfurt, Villach, Spittal, St. Veit, Wolfsberg und St. Gertraud an insgesamt neun Standorten angeboten. „Das Experiment läuft nunmehr seit mehr als zehn Jahren, ist kostenlos und damit keine Konkurrenz zu Lerninstituten. Ein solches könnten sich unsere Kinder sowieso nicht leisten“, so Sandriesser. 99 Prozent aller SchülerInnen schließen das Schuljahr erfolgreich ab. 200 Schüler stehen derzeit auf der Warteliste, weil auch die Caritas mit den finanziellen Mitteln für Raummieten, Essen und Organisationskosten am Limit ist. Die öffentliche Hand finanziert nur 25 SchülerInnen die Teilnahme.

5 Euro pro Lernstunde

Wobei die Finanzierung laut Caritas nicht das große Problem wäre. Eine Lernstunde kostet rund 5 Euro, weil die gemeinnützige Organisation mit 170 freiwilligen LernhelferInnen arbeiten. „Das alles ist kein Ersatz zur notwendigen Ganztagsschule. Aber es ist ein Weg, der jetzt schon funktioniert und weiteren Hunderten Kindern und Familien in Kärnten helfen würde. Wir sind es den Kindern schuldig und die Wirtschaft braucht auch dringend gut ausgebildete junge Menschen“, unterstreicht Sandriesser. Daher würden auch immer mehr Kärntner Unternehmen das Bildungsexperiment „Lerncafé“ unterstützen. Der Caritas-Direktor appelliert: „Die öffentliche Hand sollte das auch tun. Lerncafés sind effektiv und effizient. Wir brauchen sie dringend als Zwischenlösung in den nächsten Jahren. Jedes Kind muss eine faire Chance für eine gute Ausbildung bekommen.“ Bildung sei die beste Armutsprävention und die wichtigste Investition in die Zukunft eines Landes.