Es lief alles ziemlich gut. Bernd* hatte seine Ausbildung abgeschlossen und einen tollen Job gefunden. „Plötzlich, von heute auf morgen, sah ich auf einem Auge alles total verschwommen. Ich dachte zuerst, das ist, weil ich so stark verkühlt bin und eine Allergie habe.“ Doch bald legte sich „ein Nebel über beide Augen“ und Bernds Leben änderte sich schlagartig. Er musste sich aufgrund einer seltenen Erkrankung, die Auswirkungen auf seine Augen hatte, einer komplizierten Hirn-Operation unterziehen, in die er alle Hoffnung legte.
Doch trotz des Eingriffs sei sein Sehvermögen danach immer schlechter geworden. „Ich habe mir lange eingeredet, dass ich nichts habe.“ Bernd fiel in ein tiefes Loch. „Ich hatte nur noch negative Gedanken.“ Erst als er seinen Behindertenpass in der Hand hielt, stellte er sich der Realität. „Irgendwann kam die Erkenntnis, dass ich nur zwei Möglichkeiten habe: entweder aufgeben oder meine Erblindung annehmen. Ich entschied mich zu kämpfen“, wie er sagt.
Blindenstock
Er setzte er sich mit seiner Blindheit auseinander. Seinen Zustand beschreibt er so: „Ich sehe so eine Mischung aus Silber, Gold und Schwarz, mit einem großen, runden Fleck im Zentrum. Manchmal nehme ich Blitze wahr.“ Bernd versuchte alles zu lernen, was er im Alltag braucht. „Ich habe geübt, mit einem Blindenstock zu gehen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, Stiegen zu steigen und ein barrierefreies Handy einzusetzen. So habe ich Schritt für Schritt wieder Lebensmut gefunden.“ Am Weg zurück ins Leben, lernte er eine Frau kennen, die mittlerweile seine Lebensgefährtin ist und ihm eine „Große Stütze ist“.
Gemeinsam mit seiner Partnerin hat er sich eine Wohnung eingerichtet, in der er sich gut zurechtfindet. Nun kommt der nächste wichtige Schritt in Bernds Leben. „Ich bin noch jung. Ich will was machen aus meinen Leben, ich will Spuren hinterlassen und etwas erreichen.“ Das bedeutet für ihn auch, wieder zu arbeiten. „Vor Kurzem habe ich mit einer neuen Ausbildung begonnen, die für blinde Menschen geeignet ist und das macht mich sehr glücklich. Denn ich bin auch meinem alten Beruf leidenschaftlich gerne nachgegangen.“
Panik
Trotz aller Zuversicht weiß Bernd, dass es in seinem neuen Leben immer wieder Einbrüche und Zweifel geben wird. „Ich habe manchmal Panikattacken, die zum Beispiel durch eine Sirene oder ein Folgetonhorn ausgelöst werden können, weil ich durch die Blindheit viel geräuschempfindlicher geworden bin. Auch die Depression ist ein Begleiter in meinem Leben, der immer wieder auftaucht.“ Aber er habe gelernt, damit umzugehen. „Die schlimmen Phasen gehen wieder vorbei. Das weiß ich heute“, meint Bernd.
Als blinder Mensch habe er die Welt völlig neu kennengelernt. „Deshalb weiß ich, dass die Straßen und Wege in Kärnten für sehbehinderte Menschen sehr unfreundlich sind.“ Sein Appell: „Es braucht mehr Ampeln mit akustischen Signalen und durchgehende Leitstreifen, damit sich Menschen wie ich besser orientieren können.“
Für seine Umschulung muss Bernd derzeit viel lernen, bei ihm zu Hause stapeln sich bereits Bücher und Unterlagen. Um besser lesen zu können, braucht der junge Mann nun ein spezielles Lesegerät, das ihm das Lernen leichter ermöglicht. Kärntner in Not plante, ihn beim Kauf dieses Gerätes zu unterstützen. Doch vor wenigen Tagen kam die Zusage, dass die öffentliche Hand die Kosten übernimmt. Kärntner in Not kann Bernd daher beim Badezimmerumbau und beim Start ins neue Berufsleben helfen.