Ist die „Klagenfurter Gang“ für einen weiteren Millionenbetrug verantwortlich? Die Frage versucht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu beantworten. Nach dem Betrugsfall um das Kryptowährung-Netzwerk EXW-Wallet – gegen acht Angeklagte in der Causa wird am Landesgericht Klagenfurt verhandelt – und Ermittlungen zur Firma My First Plant (MFP), hat die WKStA ein weiteres Unternehmen im Visier: PrivaFund.io heißt das Konstrukt. „Wir führen in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gegen derzeit zehn Beschuldigte“, bestätigt WKStA-Sprecher René Ruprecht. Weitere Informationen könne er derzeit nicht bekannt geben.
Ähnlich wie bei EXW-Wallet dürfte es sich auch bei PrivaFund.io um ein Betrugssystem mit Kryptowährungen handeln. Obwohl die „Firma“ nur wenige Monate aktiv war, könnte der finanzielle Schaden hoch sein. Ein Insider geht von rund 20 Millionen Euro aus. Offizielle Bestätigung gibt es dafür allerdings (noch) keine.
Wer ist die „Klagenfurter Gang“
Nicht nur bei der Betrugsmasche, auch bei den Akteuren gibt es Überschneidungen zwischen EXW-Wallet, MFP und PrivaFund.io. Viele von ihnen gehören zur „Klagenfurter Gang“, wie sie ein Zeuge laut EXW-Anklage nennt. Dabei handelt es sich um etwa 25 Personen, Männer zwischen Mitte 20 und Mitte 30, viele aus Klagenfurt. Verstärkung gab es aus anderen Kärntner Bezirken sowie aus Nord- und Südtirol, der Schweiz und aus Deutschland.
Einer der Köpfe der „Gang“ ist für die WKStA der Hauptangeklagte im EXW-Prozess, ein 25-jähriger gebürtiger Klagenfurter. Gegen ihn soll auch im Zusammenhang mit PrivaFund.io ermittelt werden. In der Wohnung seiner ehemaligen Freundin in Krumpendorf soll er, laut ihrer Aussage, PrivaFund „gegründet“ haben. Gemeinsam mit einem anderen Klagenfurter (32). Der ist wiederum Zweitangeklagter im EXW-Prozess und war Geschäftsführer bei MFP. Beide, der 25- und der 32-Jährige, werden aus der U-Haft zu den Verhandlungen gebracht. Bei MFP waren zwei weitere EXW-Angeklagte Gesellschafter.
Treffpunkt Bali
Einen weiteren mutmaßlichen Strippenzieher würden die Ermittler gerne in Österreich sehen. Doch der 24-Jährige, er hatte seinen Hauptwohnsitz in Pörtschach am Wörthersee, hat sich aus Österreich verabschiedet. Er lebt seit 2021, mit neuem Familiennamen, auf der indonesischen Insel Bali, nicht unbedingt in Armut, wie Fotos zeigen.
Auf Bali hatte er auch Besuch aus Kärnten: Der Hauptangeklagte im EXW-Prozess schaute für einige Monate ebenso vorbei wie der Zweitangeklagte und dessen Freundin (22). In der Zeit sollen sie die PrivaFund-Geschäfte vorangetrieben haben.
Südtirol-Connection
Die „Klagenfurter Gang“ hat auch eine starke Südtirol-Connection: Dabei handelt es sich um zwei Männer, die die Ermittler zu den Masterminds dieses riesigen Betrugsnetzwerkes zählen und deren Namen auch beim EXW-Prozess mehrmals genannt worden sind. Einer von ihnen, ein 35-Jähriger, sitzt in São Paulo in Brasilien in Auslieferungshaft. Der zweite Verdächtige (34) hält sich seit einiger Zeit in Dubai auf.
150 Millionen Euro Schaden?
Die (möglichen) Schadenssummen dieser Betrugsnetzwerke sind enorm: Im derzeit laufenden EXW-Prozess ist ein Schaden von 14 Millionen Euro in der Anklageschrift angeführt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, auch weil noch gegen 15 weitere Beschuldigte ermittelt wird, dass es mehr als 100 Millionen Euro sein können. In der Causa My First Plant (MFP) haben die Ermittler schon zu Beginn ihrer Arbeit 16 Millionen Euro Schaden festgestellt. Und bei PrivaFund.io könnten weitere zig Millionen hinzukommen.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.