Benjamin Drews ist 19 Jahre alt und hat eine Botschaft, die in einer zunehmend verrohten Welt mutig leise daherkommt: Der Schüler aus Ostfriesland hat auf seiner Facebookseite ein subtiles Video gepostet, in dem er sich Gedanken darüber macht, was es heißt, gemobbt zu werden. Drei Millionen Mal wurde der kurze Schwarzweiß-Film bereits angeklickt - auf YouTube brachte das Video es auch schon auf Zehntausende Klicks.

Etwas ruhige Musik, dazu hält der junge Deutsche Botschaften in die Kamera, so wie es ein Bob Dylan bereits vor 50 Jahren für das Video zu "Subterranean Homesick Blues" vorgemacht hat. Darauf zu lesen: "Leute, niemand ist weniger Wert, nur weil er eine Behinderung hat, vielleicht nicht viel Geld hat, nicht so klug ist... oder die beste Figur hat." Sein Statement: "Nur gemeinsam können wir was bewegen. Ich hoffe viele von euch sehen es genauso!" "Mobbingopfer fühlen sich oft einsam und allein gelassen", weist er dann weiter auf die Abwärtsspirale hin, in die einen solches Verhalten anderer wirft.

Trauriger Fall Todd

Man fühlt sich erinnert an den tragischen Fall der Kanadierin Amanda Todd, die 2012 ein ähnliches Video präsentierte und sich dann das Leben nahm. Die 15-Jährige aus Vancouver sah aus den Feindseligkeiten, aus dem feigen Off abgefeuert, offenbar keinen Ausweg mehr, litt zu lange stumm, als von ihr ein Nacktfoto im Internet kursierte. "Ich habe niemanden", war damals in Mädchenschrift auf einer weißen Karte zu lesen. Und: "Ich brauche jemanden." Sie fand niemanden - oder glaubte niemanden finden zu können.

Psychoterror ist ein Problem, das freilich auch in Europa - und hier zunehmend unter Jugendlichen - weit verbreitet ist: Oft bedient man sich dabei der Instrumentarien, die das Internet bietet. Oder besser gesagt: Man zweckentfremdet sie. In Deutschland ist laut einer Umfrage schon jeder siebente Jugendliche im Alter von zehn bis 18 Jahren einmal Opfer von Mobbing im Netz geworden. 2014 veröffentlichte die Arbeiterkammer eine Studie mit ähnlichem Tenor: Mobbingfälle in steirischen Schulen sind demnach für mehr als die Hälfte Realität, die Ergebnisse "alarmierend." Tendenz: weiterhin stark steigend.

Benjamin zitiert auf seiner Facebookseite in einem aktuellen Posting Mark Twain: "Die Menschheit hat nur eine wirklich effektive Waffe, und das ist das Lachen." Unter seinen Einträgen gibt es viel Zustimmung und Bewunderung für den gezeigten Mut: Hier geht es um Mobbing und nicht um das "Moppelchen", das ihr mich da (ge)schimpft (habt).

Lachen hilft auf der einen Seite. Auf der anderen Seite - auf jener Seite, die glaubt austeilen zu dürfen - soll Nachdenken eine ungemein gute Prophylaxe sein.