Oft ist die Rede davon, wie es sich anfühlt, nur Zweiter zu sein. Michael Collins? Wird in den Chroniken immer verdienstvoller Dritter bleiben.

Nach Einschwenken in die Mondumlaufbahn und Umsteigen seiner Kameraden in die Apollo-Mondlandefähre war der 38-jährige Nasa-Astronaut alleine wie kein Mensch zuvor. 30 Mal kreiste er um den Erdtrabanten und betrat nie seine Oberfläche. Zu allem Überfluss befand er sich auf der Mondrückseite im Funkloch, als Kamerad Armstrong den magischen kleinen Satz über große Schritte sagte.

15 Stunden auf der dunklen Seite

Und doch: Gehadert hat der 1930 als Sohn eines Armeeoffiziers in Rom Geborene mit seiner Rolle nie. Faktum ist: Ohne ihn wäre die erste bemannte Mondlandung undurchführbar gewesen. 1968 wurde er nach einer Verletzung, die ihn um einen Einsatz im Rahmen von Apollo 8 gebracht hatte, als Pilot der Kommandokapsel von Apollo 11 nachnominiert. Kollege Aldrin wurde am Ende Pilot des "Lunar Module".
Collins verbrachte 15 Stunden auf der "dunklen" Seite des Mondes.

"Ich habe mich als Teil dessen gefühlt, was auf dem Mond passiert. Die Unternehmung war für drei Männer angelegt, ich sehe mich als genauso notwendig an wie die beiden anderen", hielt er fest. Von Pech angesichts seiner Rolle sprach er nie: "Zu zehn Prozent war das geplant, 90 Prozent waren Glück." Hätten Armstrong und Aldrin nicht mehr abheben können, wäre er gezwungen gewesen, das Haupttriebwerk zu starten, die Mondflucht und den Einschuss in die Rückkehrellipse zur Erde einzuleiten, sobald das Rückkehrfenster offen war.

Im Kosmos war er bereits 1966, als er im Rahmen der Gemini-10-Mission als erster US-Astronaut einen Weltraumspaziergang wagte und sich eines desolaten Satelliten annahm. Drei Jahre zuvor hatte es der Testflieger und Kampfpilot in die Nasa-Astronautenauswahl geschafft. Insgesamt brachte er es auf über elf Tage im All.

US-Präsident Richard Nixon ließ es sich nicht nehmen, der Apollo-Landecrew per Funkbotschaft zu gratulieren – als diese noch auf der Mondoberfläche war. Der im Mutterschiff Ausharrende wartete indes vergeblich auf einen Gruß aus dem Weißen Haus – Mr. President hatte offenbar vergessen, dass da noch ein dritter US-Astronaut durch das Vakuum schwebte. Andererseits: Nur wenige Jahre später war Nixon als US-Präsident selbst – unrühmliche – Geschichte.

Nicht nur "fliegender Zuschauer"

Vieles nahm Collins pragmatisch, nicht nur seine wichtige Rolle als "fliegender Zuschauer": Als Ziel hätte ihn der Rote Planet mehr interessiert, gab er zu Protokoll: "Der Mond ist für einen Himmelskörper kein besonders interessanter Ort, der Mars schon." Zu seinen Passionen zählte Collins zu seinem 85. Geburtstag vor knapp vier Jahren "Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Angeln, Malen, Kochen, Lesen und die Jagd nach einer guten Flasche Cabernet für unter zehn Dollar."

Der heutigen Anbetung sogenannter Stars könne er nichts abgewinnen. Wer etwas von Substanz lesen will, möge zu seiner Autobiografie "Carrying the Fire" greifen. Ein Zitat daraus: "Könnten die politischen Führer der Erde ihren Planeten aus 100.000 Meilen Entfernung sehen, würde das ihre Perspektiven grundlegend verändern."