Vom 7000-Einwohner-Nest Wapakoneta bis zum Mare Tranquillitatis – Weltruhm inklusive: Den Weg von Neil Alden Armstrong, 50 Jahre nachdem er als erster Mensch einen fremden Himmelskörper betrat, nachzuzeichnen, ist noch immer ein faszinierendes Unterfangen. Sprechen wir davon, wie weit Beharrlichkeit, Können und Ziele einen bringen. Die Lizenz zum zivilen Fliegen hatte er bereits mit 17 Jahren in der Tasche, in einem Alter also, in dem Pubertierende üblicherweise mit erdgebundenen fahrbaren Untersätzen liebäugeln.

Tollkühner Testpilot

Sein Studium zum Flugzeugingenieur an der Purdue University legte der 1930 im ländlichen Ohio Geborene zunächst für eine Ausbildung zum Kampfpiloten auf Eis. Ab 1950 flog er, noch blutjung, im Koreakrieg insgesamt 78 Einsätze. Hier das erste Husarenstück, der erste Beweis für Armstrongs schon aus Weltraummaterial bestehendes Nervenkostüm: Bei einem Aufklärungsflug wird seine einsitzige F9F "Panther" durch ein über ein Tal gespanntes Seil massiv havariert. Weil eine normale Landung unmöglich ist, steuert er einen Flugplatz unter amerikanischer Kontrolle an und katapultiert sich mit dem Schleudersitz heraus. Als Testpilot auf der Edwards Air Force Base flog Armstrong später alles, was schnell und gefährlich war – unter anderem die Raketenflugzeuge Bell X-1 und North American X-15. Mit Ersterem kam er 1962 auf Mach 5,74, was 6419 km/h entspricht. Freilich erst der Appetitanreger für Temporekorde, die bereits am Horizont nahen.

Als Nasa-Astronaut brachte ihn das Gemini-Programm, das bereits zum Mond schielte, im März 1966 ins All. 1967 wurde der damals 37-Jährige zum Ersatzkommandanten des dritten bemannten Apollo-Flugs nominiert. Das Programm war alles andere als pannenfrei, er selbst überlebte den Absturz eines halsbrecherischen Mondlandungs-Trainingsgerätes – um Haaresbreite. Schließlich wurde Armstrong Kommandant von Apollo 11, ausgewählt auch ob seiner Persönlichkeit, die nicht um das eigene Ego kreiste. Der Rest? Des Erinnerns würdige Geschichte, die spätestens begann, als die als "Biest" bekannte Saturn-V-Rakete am 16. Juli 1969 mit dem Schub von 25 Airbus A 380 zu den Sternen schoss.

Armstrong im Juni 2012
Armstrong im Juni 2012 © (c) AP (Chris Stewart)



Dass der technikbesessene Armstrong der erste Erdling wurde, der mit einem Fuß (es war übrigens sein linker) Mondstaub berührte, war keineswegs ausgemachte Sache. Er nannte es eine Art glücklicher Umstand ("Who the person is is sort of happenstance"). Ihm die Mission anzuvertrauen, machte sich trotz ebenfalls herausragender Klasse der Kameraden Edwin "Buzz" Aldrin und Michael Collins bezahlt: "Fehler 1202" wird plötzlich angezeigt – Datenüberlastung, weil man vergaß, ein Bordradar auszuschalten, wie sich später herausstellt. Als es beim Ansteuern des Landeplatzes im Mare Tranquillitatis Spitz auf Knopf steht und Armstrong das Landemodul händisch an Kratern vorbeimanövriert, spielt er seine ganze Grandezza aus.

Die Welt hält den Atem an, der 25-Milliarden-Dollar-Adler landet. Dann, natürlich, jene magischen und wahrlich geflügelten Worte, die er am 21. Juli 1969 um 03:56:20 Uhr (MEZ) aus 385.000 Kilometer Entfernung der Welt schickte: "Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Schritt für die Menschheit." Dass es vom Kommandanten kein vernünftiges Foto auf der Mondoberfläche gibt, ist nicht etwa einem missgünstigen Aldrin geschuldet: Armstrong hatte auch die Aufgabe zu fotografieren – dafür gab es nur eine Hasselblad-Spezialkamera, die er in Händen hielt. 27.000 Bilder gibt es insgesamt von den Apollo-Missionen, ihm selbst waren derlei Trophäen nie wichtig.

Wie viel Bedeutung räumte der Vater von zwei Söhnen (eine Tochter hatte er mit nur zwei Jahren verloren) dem Mammutprojekt selbst ein? "Vielleicht ist es nicht so bedeutsam, zum Mond und zurück zu kommen. Dieser Schritt ist aber groß genug, um Menschen in ihrem Denken eine neue Dimension zu geben." Auf die Gefahr angesprochen, dass er dabei hätte sterben können, gab er den außerirdischen Diplomaten: "Jeder wusste um das Risiko und akzeptierte es. Es muss bloß im richtigen Verhältnis zur Größe des Erfolges stehen."

Er kalkulierte eine 50:50-Chance, am Mond zu landen – und 90 Prozent Wahrscheinlichkeit, heimzukommen. Nicht mehr, nicht weniger. Niemand wird behaupten, dass Armstrong es mit einer Faser darauf angelegt hätte, seinen ikonischen Status, seine vom Kabinett Nixon verkaufte Rolle als Held zu forcieren. Biografien schreiben dem sehr sorgsam mit Worten Umgehenden zu, dass er sich in der Gegenwart von Maschinen wohlerfühlte als in jener von Menschen. Das Berechenbare lag dem Mann am Mond, nicht das Drama.

Zurückgezogenes Leben "danach"

Mit dem postlunaren Ruhm kam er besser zurecht als Kollegen, die Depressionen und Alkoholismus beutelten. Nach Apollo 11 verpuffte das Interesse der Öffentlichkeit am Programm, der zwei Mal Verheiratete wählte ein privates Dasein. Interviews blieben auch in späteren Lebensjahrzehnten als Geschäftsmann und Uniprofessor rar. Gab er einmal eines, war es geprägt von der freundlichen Sachlichkeit des Ingenieurs und dem beharrlichen Understatement des Könners.
Am 25. August 2012 ließ Armstrong alles Irdische endgültig zurück. Seine Asche wurde feierlich von einem Navy-Kreuzer aus in den Atlantik gestreut.

Mut, Können, Zuversicht, Demut: Für all dies wird der Name des Helden, der keiner sein wollte, weiter stehen – so wie seine Fußabdrücke noch im Meer der Ruhe zu finden sind.