Auf der Weltklimakonferenz in Ägypten hat UN-Generalsekretär António Guterres in düsteren Worten vor den katastrophalen Folgen der Erderhitzung gewarnt. "Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle - mit dem Fuß auf dem Gaspedal", sagte Guterres am Montag in einer Rede vor Dutzenden Staats- und Regierungschefs in Scharm El-Scheikh. "Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens - und sind dabei zu verlieren", warnte er mit Blick auf Dürren, Überschwemmungen und Unwetter.
Bis Ende kommender Woche beraten in Ägypten die Vertreter von rund 200 Staaten darüber, wie die Erderwärmung auf ein noch erträgliches Maß eingedämmt werden kann. Schon jetzt hat sich die Welt um etwa 1,2 Grad zur Zeit vor der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert aufgeheizt.
Guterres sagte, das 2015 in Paris vereinbarte Ziel, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei akut gefährdet. Der Portugiese rief zu einem "Klima-Solidarpakt" zwischen wohlhabenden Staaten sowie Schwellen- und Entwicklungsländern auf. Dabei stünden die USA und China besonders in der Verantwortung. Beide Staaten stoßen mengenmäßig die meisten klimaschädlichen Treibhausgase aus - also vor allem Kohlendioxid und Methan. Wörtlich sagte er: "Die Menschheit hat eine Wahl: zusammenzuarbeiten oder unterzugehen!"
Auflauf der Staatschefs zum Auftakt
In Sharm el-Sheikh trafen am Montag unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro und der emiratische Präsident Mohammed bin Zayid ein. Nach einem Gruppenfoto eröffnete Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi das Gipfel-Segment der zweiwöchigen UN-Klimakonferenz mit einer Rede.
"Es gibt große Erwartungen für gute Ergebnisse", sagte Al-Sisi. "Millionen Menschen rund um den Planeten haben ihre Blicke auf uns gerichtet." Die Konsequenzen durch klimabedingte Wetterereignisse seien nie so verheerend gewesen wie heute. "Wir haben eine Katastrophe nach der anderen erlebt. Sobald wir eine Katastrophe bewältigen, entsteht eine andere – Welle für Welle." Die Erde habe sich in eine "Welt des Leids" verwandelt, sagte Al-Sisi.
"António Guterres ist eine starke Stimme im Kampf gegen die Klimakrise - Stimmen, wie es viele braucht, um im Klimaschutz endlich mutig voranzukommen", so Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Er nützte seinen Besuch bei der Weltklimakonferenz COP27 am Montag auch zu einem Treffen mit dem UNO-Generalsekretär, der kurz zuvor in seiner Eröffnungsrede selten drastische Worte für die Klimakrise und ihre mangelhafte Bekämpfung gefunden hatte.
Van der Bellen versicherte ihn einmal mehr seiner Solidarität: "Ich habe António Guterres meine volle Unterstützung im Kampf gegen die Klimakrise zugesagt - und ich werde nicht ruhen, bis auch die Letzten begriffen haben, dass es hier um nicht weniger als um unsere Lebensgrundlage und unsere Zukunft geht", sagte der Bundespräsident nach dem Treffen, das für Journalisten nicht zugänglich war. Nicht zuletzt, ergänzte Van der Bellen, "führt uns der abscheuliche Angriffskrieg in der Ukraine vor Augen, dass die Energiewende auch deshalb so wichtig ist, um uns aus der Abhängigkeit von Russland zu befreien. Energie aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse können wir auch lokal produzieren."
Italiens neue rechtsgerichtete Regierung bekannt sich nach den Worten von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu den Pariser Klimazielen. "Trotz eines sehr komplexen internationalen Szenarios, das bereits von der Pandemie betroffen ist und durch die russische Aggression gegen die Ukraine weiter gestört wird, bleibt Italien fest entschlossen, seinen Weg der Dekarbonisierung in voller Übereinstimmung mit den Zielen des Pariser Abkommens fortzusetzen", sagte Meloni am Montag.
Kriegsende gefordert
Der ägyptische Präsident, der unter anderem bei Militär und Energie eng mit Russland zusammenarbeitet, forderte ein Ende des "Kriegs zwischen Russland und der Ukraine". Der Krieg müsse aufhören, sagte Al-Sisi – ohne Russland für den Angriff direkt verantwortlich zu machen.
In Scharm El-Scheikh herrschen sehr hohe Sicherheitsvorkehrungen. US-Präsident Joe Biden will am Freitag teilnehmen. Russlands Präsident Wladimir Putin wird wohl nicht anreisen.
45.000 Teilnehmer erwartet
Zur Konferenz sind etwa 45.000 Teilnehmer vor Ort registriert, die meisten davon als Delegierte von Staaten. Der neue COP27-Präsident Samih Schukri mahnte an, dass alle Maßnahmen beim Klimaschutz auf gemeinsamer Grundlage geschehen müssten.
Der Präsident der Afrikanischen Union, Macky Sall, bezeichnete das Treffen als Chance, "Geschichte zu schreiben oder ein Opfer der Geschichte zu werden". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter: "Wir stehen vor vielen Herausforderungen, aber der Klimawandel ist die größte." Bei der COP27 gehe es darum, gegebene Versprechen umzusetzen. "Wir müssen alles tun, was wir können, um 1,5 Grad in Reichweite zu halten."
Gore: "Haben ein Glaubwürdigkeitsproblem"
Der frühere US-Vizepräsident Al Gore mahnte, der Ukraine-Krieg dürfe keine Ausrede sein für ein Festhalten an klimaschädlichen fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle. Der Friedensnobelpreisträger sprach von einer "Kultur des Todes". Doch seien die Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgase unzureichend. "Wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem - wir alle hier."
Umweltschützer warnten die reichen Industriestaaten davor, ausgerechnet während der Konferenz neue Gaslieferungen mit afrikanischen Staaten auszuhandeln. Es seien viele Gas-Lobbyisten in Scharm El-Scheikh zu erwarten. Das Treffen drohe zu einem "Greenwashing"-Festival zu verkommen, warnten Vertreter von Powershift Africa, Greenpeace und des Climate Action Networks.