Es ist nicht das erste Mal, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Corona-Bekämpfung auf Dänemark schielt. Im März sprach er in Bezug auf die Impfstoffverteilung von einem „Basar“ und warf etwa Dänemark vor, mehr Impfstoff erhalten zu haben, als andere Staaten. Tatsächlich hatte Dänemark von Anfang an auf den Impfstoff von Biontech/Pfizer gesetzt und blieb so von den Lieferverzögerungen von AstraZeneca beinahe unberührt. Auch den berühmten „Ketchup-Effekt-Sager“ übernahm Kurz von Dänemark – und zwar von seiner dänischen Amtskollegin Mette Frederiksen. Dabei ging es um einen Vergleich der vorhandenen Impfdosen mit einer gläsernen Ketchup-Flasche, aus der erst gar nichts fließt, bis plötzlich und meist unerwartet ein riesiger Schwall auf dem Teller landet.


Dem Beispiel Dänemarks, sämtliche Corona-Beschränkungen aufzuheben, könnte Österreich nun einmal mehr folgen – aber erst bei einer Impfquote von über 80 Prozent, betonte Kurz auf Servus-TV. Im Vergleich: In Österreich sind bisher 66,4 Prozent der Bevölkerung ab 12 Jahren doppelt geimpft. Es herrscht also noch beträchtlicher Aufholbedarf.

Keine Pandemie mehr

Bis dahin können wir wohl nur etwas neidvoll nach Dänemark blicken, denn dort ist Covid-19 quasi abgesagt – beziehungsweise wird es künftig nicht mehr als eine Pandemie definiert, die in einem hohen Grad die Gesundheit der Bevölkerung bedroht. Der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke erklärte Anfang September, die Pandemie sei unter Kontrolle. „Wir haben rekordhohe Impfraten. Daher können wir zum 10. September einige der Sonderregeln, die wir im Kampf gegen Covid-19 einführen mussten, fallen lassen.“


Für die Dänen bedeutet das, dass sie keinen Corona-Pass mehr vorzeigen müssen, wenn sie Restaurants, Nachtklubs oder größere Veranstaltungen besuchen. Ein Mund-Nasen-Schutz muss schon länger nicht mehr getragen werden. Heunicke warnte jedoch, dass die Pandemie nicht überstanden sei. „Die Regierung wird nicht zögern, schnell zu handeln, wenn die Pandemie wieder wichtige Funktionen in unserer Gesellschaft bedroht“, betonte er.

Doch was machen die Dänen besser als wir?

Dänemark war schon mehrfach unter den Ersten während dieser Pandemie. Rasch setzte man Anfang März 2020 bereits strikte Corona-Maßnahmen um und schloss die Grenzen. Auch bei der Öffnung war das Land ganz vorne dabei und begann, anders als andere Länder, zuerst im Bildungsbereich. Bis zum Spätherbst kam das Land sehr gut durch die Pandemie. Im November begannen die Infektionszahlen aber rasant zu steigen. Um so mehr setzte man auf Tests. Auch beim Impfen kam man im europäischen Vergleich relativ zügig voran. Parallel zum Impftempo wurden die ohnehin guten Testkapazitäten noch weiter erhöht. Auch das nahm sich Kurz zum Vorbild. Während man hierzulande noch mit technischen Problemen bei der Einführung des Grünen Passes kämpfte, war auch dieser schon Realität in Dänemark. Aber auch andere Faktoren trugen zum Erfolg der dänischen Covid-Maßnahmenstrategie bei. Corona-Leugner und Impfgegner sind im Wohlfahrtsstaat nur eine kleine Randgruppe – das Vertrauen in die staatlichen Intuitionen ohnehin höher. Auch das half unpopuläre Initiativen durchzusetzen.