"Wir können nun die Tür zur Welt der Elektronen öffnen", begründete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften die Verleihung des diesjährigen Nobelpreises für Physik an den österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz seinen Kollegen Pierre Agostini und die Physikerin Anne L'Huillier. Sie werden für experimentelle Methoden, die Attosekunden-Lichtimpulse zur Untersuchung der Elektronendynamik in Materie erzeugen, geehrt.

Bei Elektronen geht es um Attosekunden

Mit ihrer Forschung hätten die Forscher der Menschheit neue Werkzeuge an die Hand gegeben, "die Welt der Elektronen in Atomen und Molekülen" zu entdecken. Attosekundenphysik, die ultraschnelle Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht, mache es nun möglich, "jene Mechanismen zu verstehen, die durch Elektronen gesteuert werden", sagte Eva Olsson, Vorsitzende des Nobelpreiskomitees für Physik. In einem nächsten Schritt werde man diese nutzen.

Krausz, Agostini und L'Huillier eröffneten mit ihren Arbeiten die Möglichkeit, Prozesse zu untersuchen, die sich bis dahin durch ihre Schnelligkeit jeglicher Beobachtung entzogen haben. Sie hätten mit ihrer Forschung einen Weg aufgezeigt, sehr kurze Lichtimpulse zu erzeugen, mit denen die schnellen Prozesse gemessen werden können, im Rahmen derer Elektronen sich bewegen oder Energie tauschen. In der Welt der Elektronen finden diese Veränderungen im Rahmen von Attosekunden statt. Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstelsekunde.

Die Grundlagen für die Forschungsleistung habe die in Schweden arbeitende, in Frankreich geborene Physikerin L'Huillier gelegt, hieß es. Sie entdeckte, dass viele verschiedene sogenannte Obertöne des Lichts entstehen, wenn man infrarotes Laserlicht durch ein Edelgas schickt. Diese Obertöne entstehen durch die Wechselwirkung des Laserlichtes mit Atomen im Gas. Darüber erhalten einige Elektronen zusätzliche Energie, die als Licht emittiert wird.

Sie legte damit den Grundstein für Experimente, die ihre beiden Co-Preisträger erstmals 2001 durchführten: Agostini gelang es, eine Serie von aufeinanderfolgenden, sehr kurzen Lichtimpulsen zu produzieren, jeder Impuls dauerte dabei nur 250 Attosekunden. Krausz, der lange in Österreich forschte, habe hingegen einen anderen experimentellen Zugang gewählt, über den es möglich wurde, einzelne Lichtimpulse zu isolieren, die 650 Attosekunden dauerten.

"Einfach fantastisch", sagte L'Hullier in einer ersten Reaktion im Rahmen der Bekanntgabe am Telefon. Sie hatte gerade unterrichtet und nach dem dritten oder vierten verdächtigen Anruf abgehoben: "Es war dann etwas schwierig, weiter zu unterrichten", so die Wissenschaftlerin, die sich "sehr berührt" zeigte. Der Preis zeige auch, dass es in der Grundlagenforschung Zeit brauche, "um Anwendungen zu sehen".

Krausz und Agostini hätten im Jahr 2001 gezeigt, dass es wirklich möglich ist, so kurze Pulse herzustellen, erklärte L'Hullier. Das machte das Feld "sehr interessant". Mittlerweile gehe es in Richtung Anwendungen in der Industrie, in der Medizin oder im Bereich der Chemie.