Im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod eines sechsjährigen Buben in Pragsdorf bei Neubrandenburg in Deutschland hat die Polizei einen 14-jährigen Tatverdächtigen festgenommen. Der Jugendliche sei der letzte Mensch gewesen, der das Opfer am 14. September lebend gesehen habe, und habe sich zudem bei Befragungen in Widersprüche verstrickt, gab die Polizei am Dienstag bekannt.

Der Sechsjährige sei "mit großer Brutalität" getötet worden, stellte der Leiter der Mordkommission in Neubrandenburg, Olaf Hildebrandt, fest. Er sprach von "stumpfer und spitzer Gewalt." Der Bub wurde erstochen. Das Motiv des 14-jährigen Verdächtigen ist noch unklar.

Es ist nicht der erste Fall in Deutschland in diesem Jahr, bei dem ein Kind ein anderes umgebracht haben soll. Im April soll ein Elfjähriger im bayerischen Wunsiedel eine Zehnjährige getötet haben.

"Was geht in einem Menschen vor, dass er einen Sechsjährigen tötet?"

Die Nachricht von der Festnahme des Jugendlichen, dessen Familie auch in Pragsdorf wohnt, sorgte am Dienstag erst für Erleichterung bei den Dorfbewohnern, dann für neue Fragen. "Was geht in einem Menschen vor, dass er einen Sechsjährigen tötet?", fasste es Pragsdorfs Bürgermeister Ralf Opitz zusammen.

Der 14-Jährige war am Dienstagvormittag in der Wohnung der Familie in Pragsdorf festgenommen worden. Zur Schule war er offenbar nicht mehr gegangen. Kurz danach kam er wegen des Verdachts auf Totschlag in Untersuchungshaft. Bei der Vorführung beim Haftrichter machte der 14-Jährige - wie schon vorher auch - auf Anraten seines Anwaltes keine Angaben. Der Richter bestätigte aber den "dringenden Tatverdacht", wie eine Sprecherin des Amtsgerichtes sagte.

Der Sechsjährige war am 14. September mit zwei Geschwistern zum Spielen ins Dorf gegangen, wo sie den 14-Jährigen trafen, sagte der Ermittler Olaf Hildebrandt. Alle kannten sich aus dem dörflichen Umfeld. Die Geschwister des Buben gingen nach Hause, so dass nur der Sechsjährige und der 14-Jährige noch da blieben.

Als der als zuverlässig geltende Bub nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause kam, meldeten die Eltern ihn als vermisst. Abends wurde er von Feuerwehrleuten mit schwersten Stichverletzungen in einer Hecke am Bolzplatz gefunden. Er lag bewusstlos in einem Versteck, das sich die Kinder dort gebaut hatten. "Der Fundort war wohl auch der Tatort", sagte der Chefermittler. Alle Versuche, den massiv verletzten Buben wiederzubeleben, blieben erfolglos.

DNA-Spuren am Griff führten zum Durchbruch

Die Polizei suchte sofort mit großem Aufgebot nach der Tatwaffe, einem Messer. Schon damals war der Verdächtige Ermittlern aufgefallen. Den Polizisten wurde bekannt, dass dieser vorher durch aggressives Verhalten gegenüber Kindern in dem Ort aufgefallen war. Ein Anrainerin berichtete gegenüber der "Bild", dass er immer wieder Kinder mit einem Messer bedroht haben soll und von ihnen Geld gefordert hatte. Das Jugendamt und seine Schule sollen auch darüber informiert worden sein, hätten aber nichts unternehmen können.

Eine Durchsuchung in der Wohnung der Familie wegen der Tatwaffe brachte aber nicht die nötigen Beweise. Das Messer wurde später in einem Gestrüpp gefunden.

Nun führten kriminaltechnische Untersuchungen des Landeskriminalamtes zum Durchbruch, wie Oberstaatsanwalt Tim Wischmann sagte. Am Griff des Messers seien DNA-Mischspuren gefunden worden, die dem Opfer und dem Verdächtigen zugeordnet werden konnten. Zuvor hatte sich der 14-Jährige auch verdächtig gemacht, weil klar wurde, dass er der letzte Mensch war, der das getötete Kind lebend am Bolzplatz gesehen hatte und sich dann bei Befragungen in Widersprüche verstrickte, hieß es.

Das reichte dem Amtsgericht: Es erließ den Untersuchungshaftbefehl. "Das ist bei einem 14-Jährigen nicht selbstverständlich", sagte der Oberstaatsanwalt. Der Jugendliche kam in die Jugendhaftanstalt nach Neustrelitz.

Polizei verstärkt Präsenz im Dorf

Pragsdorfs Bürgermeister Ralf Opitz war froh über den Ermittlungserfolg. "Das ist erst mal eine Erleichterung für alle Bewohner, aber Fragen bleiben", sagte er. Im Ort erinnern an zwei Stellen Trauerkerzen und Plüschtiere an den Getöteten.

Für die Polizei ist der Einsatz noch nicht zu Ende. "Wir werden verstärkt im Dorf präsent sein", sagte Polizeipräsident Thomas Dabel. Man wolle zur Beruhigung beitragen. Für die Staatsanwaltschaft geht die Ermittlungsarbeit auch weiter. So soll der Tatverdächtige noch psychologisch begutachtet werden. Davon hänge auch ab, ob die Tat doch noch als Mord eingestuft werden muss. Man hoffe aber auch, dass der 14-Jährige von allein rede.