Neue Untersuchungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) der Nasa haben möglicherweise bahnbrechende Erkenntnisse bei der Suche nach extraterrestrischem Leben geliefert. Die Daten legen nahe, dass auf dem Exoplaneten "K2-18 b" kohlenstoffhaltige Moleküle wie Methan und Kohlendioxid vorhanden sind. Ins Bild passt, dass jüngere Studien zuletzt ebenfalls ergeben haben, dass es sich bei "K2-18 b" um einen "Hycean-Planeten" handeln könnte, der als heißer, mit Wasser bedeckter Planet mit einer wasserstoffreichen Atmosphäre möglicherweise Leben beherbergen kann. Das Wort Hycean setzt sich zusammen aus Hydrogen und Ocean, zu Deutsch Wasserstoff und Ozean.

Die Häufigkeit von Methan und Kohlendioxid und der Mangel an Ammoniak legen nahe, dass sich unter der wasserstoffreichen Atmosphäre von "K2-18 b" ein Wasserozean befinden könnte.

Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gelang auch der Nachweis eines Moleküls namens Dimethylsulfid (DMS). Auf der Erde wird dieses Molekül nur von Lebewesen produziert. Dass man darauf gestoßen ist, nennt Gernot Grömer (Astrophysiker und Direktor des Österreichischen Weltraum Forums) im Gespräch mit der Kleinen Zeitung "absolut spannend und eine Überraschung".

DMS ist auf der Erde verantwortlich für den typischen Algengeruch im Ozean. "Auf der Erde kennen wir außer Algen nichts Nennenswertes, das das produzieren kann. Das heißt aber nicht, dass es dafür keine nichtbiologische Erklärung geben kann", warnt Grömer vor überzogener Euphorie: Oft schon hätte man Moleküle entdeckt, die auf der Erde als Biomarker gelten, dann aber anders erklärt werden konnten. Die Identifizierung von DMS ist also "eine notwendige, aber nicht hinreichende Messung für Leben". "Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise", zitiert der Experte den Astronomen Carl Sagan.

Download 5.27 MB

Die Studie zum Download

Woher weiß man das?

Dass man überhaupt Aussagen über die Atmosphäre von so weit entfernten Himmelskörpern machen kann, verdanken wir der Transitspektroskopie. Gernot Grömer erklärt die Methode: "Der Planet hat die Eigenschaft, dass seine Umlaufebene in der Sichtlinie liegt. Das heißt, ab und zu verdeckt er einen Teil des dahinterliegenden Sterns. Wenn das passiert, wird der Stern ein bisschen dunkler. Aber ein Teil des Lichts muss durch die Atmosphäre des Planeten durch. Damit verändert sich das Spektrum des Sterns minimal. Und über diese Veränderung lassen sich Aussagen über die Eigenschaften der Atmosphäre treffen."

Was man sich bei "K2-18 b" nicht vorstellen dürfe, so Grömer, ist eine "Wasserwelt mit globalem Ozean, wo Bakterien oder kleine Fische rausspringen". Viel wahrscheinlicher gebe es nicht einmal eine klare Grenze zwischen Atmosphäre und Ozean, "das ist eher so was wie – salopp formuliert – eine Nebelwelt".

Experten bewerten die Sensationsmeldung im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: Gernot Grömer (Astrophysiker und Direktor des Österreichischen Weltraum Forums) und Luca Fosetti (Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften)
Experten bewerten die Sensationsmeldung im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: Gernot Grömer (Astrophysiker und Direktor des Österreichischen Weltraum Forums) und Luca Fosetti (Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) © Grömer/FS

Wie realistisch ist es also, dass man hier auf Leben gestoßen ist? "Ich halte es für unwahrscheinlich", relativiert Luca Fossati vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Sensationsmeldungen mancher Medien und nennt dafür mehrere Gründe. Einerseits sei die Entdeckung von Methan nicht so deutlich, wie man hoffen möchte. Zwar seien die Daten der Studie hervorragend, aber das Signal, das auf die Existenz von Methan hindeutet, sei schwierig zu messen und eben noch undeutlich. 

Andere Formen des Lebens?

Andererseits gibt es keine Hinweise auf einen stofflichen Austausch zwischen eines dort vermuteten Ozeans und der Kruste des Planeten, das wäre für Leben – zumindest wie wir es auf der Erde kennen – aber eine Voraussetzung. Allerdings, so der Experte, heißt das nicht, dass es nicht andere Formen von Leben gibt, die diesen Austausch nicht benötigen. Das wäre für uns schwer begreiflich, da wir nichts Vergleichbares von der Erde kennen. 

Wie kommt man nun zu verlässlicheren Aussagen über mögliches Leben auf Exoplaneten wie "K2-18 b"? "Unsere beste Chance sind direkte Beobachtungen, derzeit können wir ja nur indirekt auf diese Planeten schauen." Fossati spricht dabei Konzepte wie das Habitable Exoplanet Observatory (HabEx) von der Nasa an – eine komplett andere Art von Teleskop. Das sind allerdings noch Zukunftsprojekte: "Ich hoffe, dass ich das noch erleben werde", sagt der 43-jährige Forscher.

"Frage ist nicht ob, sondern wann wir Leben entdecken"

Trotz aller Aber zeigen sich sowohl Fossati als auch Grömer begeistert von den neuen Forschungsergebnissen. "Nein, Leben ist hier nicht nachgewiesen worden", bringt es Grömer auf den Punkt, aber man ist einen Schritt weiter. Wissenschaft dürfe man sich nicht als Ansammlung von "Heureka-Momenten" vorstellen, die großen Entdeckungen beginnen mit der Aussage: "Das ist aber komisch." Und hier sei man nun. 

"Wir kennen bis jetzt mehr als 5000 Exoplaneten, geben wird es wahrscheinlich Milliarden. Die Frage ist also nicht, ob wir Leben finden, sondern wann. Messungen wie diese bringen uns einen Schritt näher an den Tag, an dem wir sagen können: 'Wir sind nicht allein'", fasst Grömer den Wert der Forschung zusammen.