Tausende Pfadfinder aus aller Welt

Alle vier Jahre findet ein "Jamboree", ein internationales Großlager der Pfadfinderorganisation (World Organization of the Scout Movement), statt. Mit rund 54 Millionen Mitgliedern ist sie die größte Jugendorganisation der Welt. Von 1. bis 12. August zelten rund 43.000 Pfadfinder und Pfadfinderinnen aus 158 Nationen unter dem Sternenhimmel, ein Reisfeld wurde als Lagerplatz dafür aufgeschüttet.

Das Motto lautet "Draw Your Dream", also "Zeichne deinen Traum". Rund 400 Pfadfinder und Pfadfinderinnen aus Österreich im Alter von 14 bis 18 Jahren nehmen teil, weitere hundert planen und organisieren im International Service Team (IST). Das Programm bisher? "Die Jugendlichen haben Tempelanlagen und einen Klettergarten besucht, sind Kanu gefahren und gesegelt und machen Tagesausflüge, um die koreanische Kultur kennenzulernen", so Rita Krainer, Pressesprecherin des Österreich-Kontingents.

In der Halle werden Lebensmittel und Abkühlhilfen ausgegeben
In der Halle werden Lebensmittel und Abkühlhilfen ausgegeben © Privat: Markus Liebenwein

Hitzewelle überrascht koreanisches Planungsteam

Temperaturen über 30 Grad, die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel hinunter und nicht ein Baum liefert auf dem neun Kilometer weiten Pfadfindergelände Schatten. "Der Lagerplatz ist definitiv subobtimal", sagt Jakob Illek, er ist einer der 20 Köpfe im Newsteam, die auf der Newsseite und in einem Online-Magazin über das Pfadfinderlager berichten. Wegen der glühenden Hitze wurden schattenspendende Pavillons und Tunnel aufgestellt, letztere kühlen die Abenteurer und Abenteurerinnen mit sprühendem Wasser ab. Es ist das erste Mal seit 2019, dass Südkorea die Hitzewarnung auf die höchste Warnstufe stellt.

Organisation und Planung bemängelt

Teilnehmer kritisieren mangelnde Planung und zu wenig Einbindung ihrer Kompetenzen seitens des südkoreanischen Veranstalters: "Die Organisation war von Vorhinein dürftig. Dem International Service Team wurde zu wenig zugemutet und zu wenig anvertraut. So durften Ingenieure die Hygieneeinrichtungen inspizieren und putzen", sagt der Grazer Leopold Müller, er ist Leiter des Landesjugendrats der steirischen Pfadfinder. Die Wege seien zu schmal gebaut worden, dafür, dass der Lagerplatz auf dem Fußweg überquert wird, meint Markus Liebenwein, ebenfalls IST-Mitglied.

Die Situation habe sich seit dem Einsatz des Serviceteams jedoch verbessert. Während anfangs geplant war, die Sanitäranlagen einmal täglich zu reinigen, wurde das tägliche Putzen binnen weniger Tage auf acht tägliche Reinigungsgänge ausgeweitet. Weil einige Aktivitäten wegen der sengenden Hitze nicht ausgeführt werden können, greifen die Zuständigen bei anderen Stationen unter die Hände. "Das Programm funktioniert gut, die Jugendlichen scheinen Spaß zu haben. Die Umsetzung ist mehr als schleißig, da sich im Vorhinein anscheinend nicht genug über die Bedürfnisse der Lagerteilnehmer Gedanken gemacht wurde", fasst Müller zusammen.

Das Zelt der Grazer Pfadfinder und Pfadfinderinnen sticht mit seiner grün-weißen Flagge hervor
Das Zelt der Grazer Pfadfinder und Pfadfinderinnen sticht mit seiner grün-weißen Flagge hervor © Privat: Markus Liebenwein

Die Umsetzung der Pläne aus dem koreanischen Kontingent ist gescheitert, IST-Mitglieder konnten die notdürftige Lage mithilfe von Militär, Krankenhaus- und Reinigungspersonal unter Kontrolle bringen. Die Pfadfinder und Pfadfinderinnen erhielten klimatisierte Busse zum Abkühlen, es wurden tausende Wasserflaschen verteilt und das Programm wurde den schwierigen Bedingungen angepasst. 

Taifun "Khanun" macht einen Strich durch die Rechnung

Die Hitzewelle wird am Montag von "Khanun" abgelöst: Der Taifun soll über Japan nach Südkorea verlaufen, Ausläufe werden am Mittwoch oder Donnerstag am Areal des Pfadfindergeländes erwartet. Die Pfadfinderorganisation sieht den Ernst der Lage und bricht das internationale Lager frühzeitig ab, die Abreise erfolgt am Dienstag, vier Tage vor dem geplanten Ende.

"Selbstverständlich liegen die Sicherheit und das Wohl der Jugendlichen und unseres Teams an erster Stelle", äußert sich Pressesprecherin Krainer. Das österreichische Kontingent organisierte innerhalb eines Tages Reisebusse, die die Pfadfinder und Pfadfinderinnen am Dienstagmorgen nach Seoul bringen sollen. Dort wurde ein Hotel organisiert, in dem die 500 Österreicher und Österreicherinnen für die restlichen Tage unterkommen können. Der Abflug am Samstag findet wie geplant statt.

Der Austausch der Jugendlichen wird in Seoul weiter gefördert, gerade wird an der Planung eines gemeinsamen Programms gearbeitet, meint Krainer. Das Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zeigt sich: Schnelle Lösungen, transparente Kommunikation mit Medien, Jugendlichen und deren Eltern stehen im Vordergrund. An guter Stimmung mangelt es – trotz allem – nicht.

Dennoch Freuden- und Abschiedstränen bei Jung und Alt

"Die Stimmung des International Service Team ist immer noch gut. Viele sind aber traurig, dass wir schon wegmüssen, verstehen aber den Ernst der Lage mit einem nahenden Taifun. Es würden alle noch gern länger bleiben. Die Gesamtevakuierung vom Gesamtorganisator ist jedoch die richtige Entscheidung", so Müller. Markus Liebenwein ergänzt seinen IST-Kollegen: "Es ist total schade, alle haben eine Gaudi und die Leute gewöhnen sich gerade an die Hitze. Internationale Pfadfinderlager mit so vielen Teilnehmerländern sind toll, da hat man Erlebnisse, die nicht jeder haben kann. Und du triffst beim Anstehen fürs Mittagessen Leute und lernst ständig neue Leute kennen, mit denen du dich austauschen kannst. Ich kann sagen, das IST-Team ist zusammengewachsen."

Der Grazer Pfadfinder Jakob Illek stimmt diesen Aussagen zu. "Wir hatten wirklich viel Spaß an der ehrenamtlichen Arbeit. In Gesprächen mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen habe ich mir selbst ein Bild von der guten Stimmung gemacht. Und ja, es sind auch Abschiedstränen bei den Erwachsenen geflossen, die monatelang organisiert, kommuniziert und mitgearbeitet haben – für die Jugendorganisation, bei der sie selbst Kinder waren. Ja, bei den Jugendlichen gab es auch viele Abschiedstränen von neuen Freunden. Es war ein unvergessliches Jamboree, ich freue mich aufs nächste." Für das 26. weltweite Pfadfinderlager wünscht man sich 2027 in Polen bessere Bedingungen.