Die Verhandlungen der Vereinten Nationen für ein internationales Plastikabkommen haben in Paris mit dringlichen Aufrufen zum Handeln begonnen. "Plastikverschmutzung ist überall. Sie kennt keine Grenzen und stellt eine globale Gefahr für die Umwelt und unsere Gesundheit dar", sagte der Vorsitzende des Internationalen Verhandlungskomitees, Gustavo Meza-Cuadra Velásquez, am Montag in Paris. Die Herausforderung sei "riesig, aber sie ist nicht unüberwindbar."

Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte in einer Videobotschaft, die Umweltverschmutzung durch Plastik sei eine "Zeitbombe und schon heute eine Geißel". Von Plastikabfällen gehe eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, die Artenvielfalt und Klimaziele aus, gab Macron zu bedenken. Priorität müsse es sein, die Produktion von Kunststoffen zu reduzieren und "so schnell wie möglich" die umweltschädlichsten Produkte wie Einwegkunststoffe zu verbieten, mahnte der französische Präsident. Er forderte außerdem, den Export von Plastikmüll aus Industriestaaten an Länder des globalen Südens zu beenden.

Wegwerfplastik "erstickt Ökosysteme"

Der Leiterin des UN-Umweltprogramms Unep, Inger Andersen, warnte, dass Wegwerfplastik "unsere Ökosysteme erstickt". Zur Wahrheit gehöre auch, "dass wir uns aus diesem Schlamassel nicht mit Recycling befreien können".

Plastik findet sich überall, nicht nur in Kleidung, Baumaterialien, Verpackungen, Windeln, Polareis und Tiefsee-Fischmägen. Auch im menschlichen Blut und der Muttermilch wurden bereits Kunststoffpartikel nachgewiesen. Aus Rohöl hergestellte Plastikprodukte beschleunigen außerdem den Klimawandel. 2019 verursachten sie 1,8 Milliarden Tonnen Treibhausgase und damit immerhin 3,4 Prozent der klimaschädlichen Gase weltweit.

Im vergangenen Jahr hatten sich 175 Staaten verpflichtet, sich bis 2024 auf ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen gegen die Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren zu einigen. Die Verhandlungen in Paris sind bis Freitag angesetzt. Diskutiert werden ein Verbot von Einwegplastikprodukten und die Anwendung des Verursacherprinzips.

Erschwerte Beratungen

Allerdings dürften starke Meinungsverschiedenheiten der Teilnehmerstaaten die Beratungen erschweren. Eine sogenannte High Ambition-Koalition aus 50 Ländern einschließlich der EU, Ruanda, Norwegen, Kanada, Chile und seit Freitag auch Japan will die Produktionsmengen von Plastik stark zurückfahren. Andere Staaten mit großer petrochemischer Industrie wie China, die USA und Saudi-Arabien wollen hingegen das Problem lediglich mit Recycling und Abfallmanagement angehen.

Zwei Drittel der produzierten Menge von zuletzt 460 Millionen Tonnen Plastikprodukten wird nach einmaligem oder wenigem Gebrauch weggeworfen. Nur zehn Prozent werden recycelt.

An dem Treffen in Paris nehmen UNO-Mitgliedstaaten sowie Nichtregierungsorganisationen, Wissenschafter und Gewerkschaften teil. Die Diskussionen sollen noch bis Freitag andauern. Der Vorsitzende Velásquez mahnte zum Auftakt: "Unsere Länder, unsere Böden, unser Wasser, unsere Luft und sogar unsere Körper sind von Plastik beeinträchtigt."

Pariser Treffen

Das Pariser Treffen, das sich vom 29. Mai bis zum 2. Juni erstreckt, ist die zweite von fünf zwischenstaatlichen Verhandlungsrunden für ein weltweites Abkommen. Daran nehmen UN-Mitgliedstaaten sowie Nichtregierungsorganisationen, Wissenschafter und Gewerkschaften teil. Nach der ersten Verhandlungsrunde in Uruguay im Dezember hatten Umweltschützer eine positive Bilanz gezogen, allerdings auch angemerkt, dass sich bereits Gegner eines Abkommens formierten.

Laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) ließe sich die weltweite Plastikverschmutzung bis 2040 um 80 Prozent verringern. Dafür stünden schon jetzt alle Ressourcen bereit. Voraussetzung dafür seien allerdings tiefgreifende politische und marktwirtschaftliche Veränderungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft. Die Auswirkungen der Plastikrückstände, die oft in mikroskopischer Größe im Erdreich, in Gewässern sowie dem Organismus von Menschen und Tieren landen, sind laut Wissenschaftern teils noch nicht erforscht.

Ehrgeizige Vereinbarung als Ziel

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace pochte vor der UN-Konferenz in Paris auf eine ehrgeizige Vereinbarung. Die Produktion von Plastik müsse um 75 Prozent eingeschränkt und letztlich das Plastikzeitalter beendet werden. "Plastik schädigt die menschliche Gesundheit, beschleunigt soziale Ungerechtigkeit, zerstört die Artenvielfalt und heizt die Klimakrise an", hieß es in einer Erklärung. Weltweit würden jährlich 400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert.

Gemeinsam mit mehr als 150 Organisationen und Wissenschaftern rief Greenpeace UNEP dazu auf, sicherzustellen, dass das globale Plastikabkommen nicht durch die Einflussnahme der fossilen und petrochemischen Industrie gefährdet wird. Denn die Mitgliedstaaten zeigten sehr unterschiedliche Ambitionen: Während ölproduzierende Staaten wie Saudi-Arabien Scheinlösungen wie chemisches Recycling propagierten, setzen sich andere Länder für eine Begrenzung der Plastikproduktion ein.#