Schweden will jeden zweiten Wolf abschießen. Bereits bisher war das Land für seine rigorose Vorgehensweise gegen das Wildtier bekannt – bereits seit 2010 ist die Jagd wieder erlaubt.

Anfang Mai verkündete der konservative Landwirtschaftsminister Peter Kullgren im "Radio-Schweden", dass die geschätzte Wolfspopulation von 465 Wölfen halbiert werden soll: "Wir wollen eine deutlich kleinere Wolfspopulation", sagte der Politiker. Eine so massive Jagd ist selbst in Schweden ein Novum. Bereits zweimal wurde das Land von der EU ermahnt, weil die dortige Wolfsjagd nicht EU-rechtskonform ist. Jetzt schwebt sogar ein Vertragsverletzungsverfahren im Raum.

Aber nicht nur in Schweden herrscht Aufregung: Seitdem Ursula von der Leyens Pony letztes Jahr einem Wolf zum Opfer fiel, diskutiert man mittlerweile auch auf EU-Ebene über eine mögliche Lockerung des Schutzstatus. Auch Politiker wie der bayrische Ministerpräsident Markus Söder wollen den Schutz des Wolfes aufweichen – und seine "Entnahme" erleichtern. In Italien sorgen seit dem Tod eines Joggers im April die Bären für hitzige Gemüter.

Vor allem regionale Lösungen

"Man muss diese Probleme auf kleine Regionen und Gebiete herunterbrechen", sagt Albin Blaschka vomÖsterreichzentrum "Bär Wolf Luchs". In Deutschland gebe es je nach Schätzungen insgesamt rund  2000 Wölfe. In manchen Regionen habe man sich bereits an die Gegenwart der Tiere gewöhnt – etwa in Brandenburg, wo der Wolf bereits seit den 2000er-Jahren wieder heimisch ist. "In Bayern wiederum kommen die Wölfe auch erst jetzt. Überall dort, wo die Tiere wieder neu sind, gibt es sehr emotionale Diskussionen", sagt Blaschka.

In Rumänien gibt es Probleme mit Braunbären
In Rumänien gibt es Probleme mit Braunbären © (c) APA (FRENK KASTELIC)

Vor allem mit Bären gibt es aber auch in solchen Gegenden Probleme, in denen diese bereits seit jeher heimisch sind. In Rumänien etwa war die Bärenjagd lange Zeit erlaubt, aber seit 2016 verboten. Bis zu 8000 Bären gibt es in dem Land. Zwischen 2016 und 2021 starben bei 154 Bärenangriffen 14 Menschen. Jetzt reicht es den Rumänen: Anfang April erklärte der rumänische Umweltminister Barna Tánczos, dass "zu viele Menschen durch Bärenangriffe gestorben" seien. Mit Abschüssen wollen sie das Bärenproblem in den Griff bekommen.

Auch in österreichischen Grenzgebieten sind Bären unterwegs – etwa im Dreiländereck zwischen Kärnten, Friaul und Slowenien. Aus dem italienischen Trentino wandern immer wieder Bären in das westliche Tirol. Zwischen ein und sechs Bären besuchen Österreich im Jahr. Aber sie bleiben in der Regel nicht dauerhaft.

Der Wolf ist allerdings bereits angekommen – und er wird laut Blaschka auch bleiben: "Mit heutigen Standards werden wir den Wolf nicht mehr ausrotten. Der Wolf kommt nicht, er ist da", sagt er. Er plädiert daher für Herdenschutzmaßnahmen, die das Risiko für Wolfsrisse von Nutztieren erheblich senken: In unseren Nachbarländern gebe es Fördersysteme für Herdenschutzmaßnahmen, die wir uns zum Vorbild nehmen können – etwa in Frankreich, Deutschland oder der Schweiz.

Herdenschutzhunde und Schafhirten

Vor allem von Regionen, die schon lange mit den Tieren leben, könne man einiges lernen: Ein gutes Beispiel sei das Majella-Gebiet in Mittelitalien in den Abruzzen. "Auch einige Gebiete in der Schweiz leben seit 20 Jahren mit dem Wolf, auch dort findet man Wege für ein Zusammenleben", sagt Blaschka. Auch die Stilfser Alm in Südtirol zeige mögliche Wege auf – mit Behirtung und Herdenschutzhunden: "Rundherum gab es auf den Almen Risse. Aber dort, wo mit Hirten, Herdenschutzhunden und Nachtpferchen gearbeitet wurde, gab es bis auf ein Lamm, das sich von der Herde entfernt hatte, keine Risse."

Auch im deutschen Brandenburg werden Schafherden behirtet
Auch im deutschen Brandenburg werden Schafherden behirtet © (c) APA/dpa/Soeren Stache (Soeren Stache)

Allerdings dürfe man aber auch den Abschuss nicht kategorisch ausschließen, meint der Experte. Hierfür sind in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die den Schutz von Bären und Wölfen regelt, Ausnahmen vorgesehen. Etwa, wenn das Tier die öffentliche Sicherheit bedroht: Wie im Fall des Bären, der im Trentino den Jogger tötete – wenn keine andere Lösung für das Tier gefunden werden kann. In Frankreich wurde wiederum eine jährliche Abschussquote von zehn Prozent festgelegt.

"Das wird durch die EU anscheinend akzeptiert, weil dort ein sehr umfassendes und solides Monitoring durchgeführt wird", sagt Blaschka. Man wisse genau, wie viele Wölfe es gibt. Der "günstige Erhaltungszustand", den die EU-Richtlinie fordert, wird damit überwacht. Entscheidend seien aber letztendlich ein umfangreiches Monitoring und entsprechende Maßnahmen, um ein friedliches, konfliktarmes Miteinander zwischen Mensch und Tier zu ermöglichen.

Das Monitoring von Bären und Wölfen erfolgt z. B. durch das Sammeln von Tierhaaren
Das Monitoring von Bären und Wölfen erfolgt z. B. durch das Sammeln von Tierhaaren © (c) dpa/dpaweb (A2585 Frank Leonhardt)