Die deutsche Bundesanwaltschaft hat Mittwochfrüh 25 Menschen aus der sogenannten Reichsbürgerszene im Zuge einer Razzia festnehmen lassen. Acht der Verdächtigen sind inzwischen in Untersuchungshaft, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank am Mittwochnachmittag in Karlsruhe. Es wurden auch in Österreich und Italien Durchsuchungen durchgeführt. Mit Ausnahme einer Russin waren alle Festgenommenen nach Angaben der Bundesanwaltschaft deutsche Staatsbürger.

Umsturz von rechts

Das Signal zum Losschlagen sollte ein Stromausfall liefern. „Schon ein Stromausfall für wenige Tage könnte die öffentliche Ordnung in den Städten zusammenbrechen lassen“, notierte Peter W., ein ehemaliger Fallschirmspringer der Bundeswehr. Das Ziel war ein Umsturz in Deutschland von rechts. In der Nacht zu Mittwoch gingen die deutschen Sicherheitsbehörden gegen die mutmaßlichen Verschwörer vor. Rund dreitausend Beamte waren im Einsatz. Darunter auch Spezialkräfte der Anti-Terroreinheit GSG9, gegen 52 Verdächtige wird ermittelt.

Justizminister Marco Buschmann erklärte: "Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen ein mutmaßliches Terror-Netzwerk aus dem Reichsbürger-Milieu. Es besteht der Verdacht, dass ein bewaffneter Überfall auf Verfassungsorgane geplant war." 25 Personen wurden festgenommen – in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen, darunter jeweils eine Person in Österreich und Italien.

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Der Prinz und die Verschwörer

Nach Berichten von ARD und Zeitonline kamen die Fahnder der Verschwörung von rechts im April bei einer Durchsuchung von Ws. Wohnung in Bayern auf die Spur. Neben Waffen fanden die Ermittler auch Unterlagen für einen Umsturz von rechts. Kopf der Bewegung soll Heinrich Reuß, 71, sein, der Spross eines thüringischen Adelsgeschlechts. Er soll nach dem Putsch als Monarch vorgesehen gewesen sein, Justizminister sollte die ehemalige AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann werden, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag im vergangenen Jahr in Berlin wieder als Richterin amtiert. Das Land versucht vergeblich, sie aus der Justizverwaltung zu entlassen.

Nach Angaben der Ermittler sollen die Verdächtigen sich aus dem Umfeld der Reichsbürger- und Querdenker-Bewegung rekrutieren. Auch ehemalige und aktuelle Bundeswehrsoldaten seien darunter. Die Reichsbürger-Bewegung lehnt die staatliche Ordnung der Bundesrepublik ab. Nach ihren Behauptungen sei das Deutsche Reich formalrechtlich nicht untergegangen. Die Bundesrepublik als Staat wird nicht anerkannt, ebenso sämtliche Verwaltungsorgane. So kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen bei Passämtern. Erst im vergangenen Monat war in einem Ort im Pfälzer Wald an der Grenze zu Frankreich ein Sondereinsatzkommando der Polizei angerückt, um wegen eines Passvergehens eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Szene wie diese ereignen sich viele in Deutschland. In Bayern war 2016 ein Polizist bei einer Hausdurchsuchung von einem Reichsbürger erschossen worden.

Querdenker-Radikalisierung

Auch am Rande der Querdenker-Bewegung wird eine Radikalisierung beobachtet. Die beiden Forscher Oliver Nachtwey und Carolin Amlinger haben die Szene in ihrem Buch "Gekränkte Freiheit" untersucht. Amlinger sagte der "Kleinen Zeitung": "Die herrschaftskritische Grundhaltung führt schnell zu einem generellen Unbehagen gegenüber biopolitischen Eingriffen des Staates – vom Maskentragen bis zum Impfen. Das verdichtet sich bis hin zu einem Generalverdacht, der das staatliche Handeln überhaupt infrage stellt – nicht nur in der Pandemie."

Politiker der demokratischen Parteien begrüßten das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, SPD, erklärte: "Ich danke dem Generalbundesanwalt und allen beteiligten Polizeikräften für ihren Einsatz. Die Maßnahmen zeigen, dass unser demokratischer Rechtsstaat aufmerksam und handlungsfähig ist." SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast schwört ein: "Unsere Werte müssen jeden Tag aufs Neue verteidigt werden."