Eine Maßnahme zum Schutz vor Zwangsräumungen während der Corona-Pandemie lief am Samstag um Mitternacht aus, und das US-Repräsentantenhaus konnte sich vor Beginn der Sommerpause nicht mehr auf eine Verlängerung einigen. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts vom Juni darf die Maßnahme aber nur noch mit Zustimmung des US-Kongresses verlängert werden.
Vergeblich hatte US-Präsident Joe Biden den Kongress am Donnerstag gedrängt, das Moratorium noch einmal zu verlängern. Bevor sich das Repräsentantenhaus bis Ende August in die Sommerpause verabschiedete, lehnten die Republikaner den Vorschlag der Demokraten geschlossen ab, das Moratorium bis Mitte Oktober weiterlaufen zu lassen. Aber auch bei den Demokraten ist die Maßnahme umstritten. In der kommenden Woche geht der US-Senat ebenfalls in die Ferien.
Den Schutz vor Zwangsräumungen zu blockieren, sei "ein Akt purer Grausamkeit", erklärte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Samstagabend auf Twitter. Kinder und Familien würden nun "auf die Straße geworfen".
Aus Protest verbrachte die Abgeordnete Cori Bush, die selbst früher einmal obdachlos war, gemeinsam mit ihren Kolleginnen Ilhan Omar und Ayanna Pressley aus dem linken Lager der Demokraten die Nacht auf Samstag vor dem Kapitol. "Wir hätten das Moratorium gestern verlängern können, aber einige Demokraten sind stattdessen in Urlaub gefahren. Wir haben vergangene Nacht auf dem Capitol Hill geschlafen, um sie zu bitten, zurückzukommen und ihre Arbeit zu machen", twitterte Bush am Samstag.
Pelosi rief die Gouverneure und Kommunalverwaltungen auf, die vom Kongress bereits bewilligten Mietsoforthilfen in Milliardenhöhe "sofort auszuzahlen, damit viele Familien vor der Zwangsräumung bewahrt werden können." Anders als bei anderen US-Hilfsprogrammen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind für die Unterstützung von Mietern die Bundesstaaten, Bezirke und Städte zuständig.
Bis Juni wurden nach Angaben des US-Finanzministeriums aber weniger als drei Milliarden Dollar an Beihilfen für Miet- und Nebenkosten an betroffene Haushalte ausgezahlt - von insgesamt 25 Milliarden Dollar, die bereits Anfang Februar den Bundesstaaten und Kommunen zur Verfügung gestellt wurden. Von der US-Regierung vorgesehen sind insgesamt über 46 Milliarden Dollar.
Die US-Gesundheitsbehörde (CDC) hatte das Moratorium für Zwangsräumungen im September 2020 verfügt, nachdem in der größten Volkswirtschaft der Welt wegen der Pandemie mehr als 20 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen waren. Die Behörde befürchtete, eine steigende Obdachlosigkeit könne auch die Corona-Infektionsfälle befeuern. Obwohl inzwischen viele Menschen wieder Arbeit gefunden haben, sind immer noch zahlreiche Familien mit den Mietzahlungen im Rückstand. Und die Infektionszahlen steigen wieder.
Laut dem Volkszählungsbüro USCB waren in der ersten Juli-Woche von 51 Millionen befragten Mietern noch 7,4 Millionen im Zahlungsrückstand. Die Hälfte von ihnen sagte demnach, ihnen drohe in den kommenden zwei Monaten die Zwangsräumung. Bis Ende Juni erhielten demnach rund 450.000 US-Haushalte Hilfe über das Nothilfeprogramm für Mieter. Einige Bundesstaaten und Gemeinden zahlten demnach noch keinerlei Hilfsgelder aus.
Das Finanzministerium startete in den vergangenen Tagen eine Kampagne, um über das Hilfsprogramm zu informieren und den Behörden bei der Umsetzung zu helfen. Dabei verwies es auf Virginia und Houston, wo betroffenen Familien erfolgreich geholfen worden sei. "Es gibt keine Entschuldigung dafür, wenn ein Bundesstaat oder eine Kommune nicht unverzüglich Hilfen für Vermieter und Mieter bereitstellt, die durch diese Pandemie geschädigt wurden", warnte Biden am Freitag.