Sie geboten einst über ein riesiges Imperium, entschieden über Leben und Tod: Die Macht der römischen Cäsaren war nahezu unbegrenzt. In unserer Vorstellung sind sie als Marmorbüsten abgespeichert – leblos, kalt und unmenschlich. Obwohl die steinernen Skulpturen als durchaus zutreffend gelten – einige von ihnen wurden bereits zu Lebzeiten angefertigt – sind sie idealisiert und abstrakt. Weil den spanischen Bildhauer Salva Ruano als Kind die „arrogante Figur“ des Gaius Julius Caesar in den Asterix-Comics ungemein fesselte, machte er es sich zur Aufgabe, dem von Mythen umwobenen Diktator und den späteren antiken Kaisern neues Leben einzuhauchen.

Getrieben von seiner Faszination stellte er sich immer wieder vor, wie die Herrscher wirklich ausgesehen haben könnten. Mittels der Darstellungsform der hyperrealistischen Bildhauerei, bei der auf Wachs-Basis die Gesichter der Statuen rekonstruiert werden, erweckte der junge Künstler die antiken römischen Cäsaren wieder zum Leben, „als würde man sie direkt vor sich haben.“

Die von Ruano gewählte Methode ist aufwendig. Um den hyperrealistischen Effekt zu erzielen, werden die Skulpturen zunächst aus Silikonabgüssen geformt und dann um die feinen Gesichtszüge, um Farbe und um echte menschliche Haare ergänzt. Der Künstler näht dabei jedes Haar in Kleinstarbeit einzeln ein, stutzt und stylt es. Seine Rekonstruktionen erstellt Ruano auf Grundlage von Marmorbüsten, Abbildungen auf Münzen und detailgetreuen Beschreibungen der Cäsaren.

Caesar ohne Lorbeerkranz, aber mit schütterem Haar

Da die Imperatoren ihre Bildnisse zum Teil selbst beauftragten, sind die Statuen ganz nach ihrem Geschmack und ihren Vorstellungen. Machtvoll und erhaben wirken sie, nicht selten ziert das Haupt ein Lorbeerkranz. Diese Illusion makelloser Antlitze durchbricht Ruano im Fall von Julius Cäsar (100 bis 44 vor Christus) allerdings mit seiner Darstellung des Diktators als Mann mittleren Alters mit Geheimratsecken, ergrautem Haar und Krähenfüßen. Die Aura, die ihn umgibt, wirkt aber nicht minder ausdrucksstark. Der Machthunger und der unbedingte Wille zu herrschen sind omnipräsent. Auf seiner Webseite (www.cesaresderoma.com erklärt der Künstler: „Es geht nicht darum, Marmorskulpturen zu betrachten oder uralte Geschichten zu lesen, die uns keine Empathie empfinden lassen. Es geht darum, eine Erfahrung zu machen bei der man gleichzeitig fühlt und lernt.“ Der junge Spanier ist überzeugt davon, dass man die Geschichte der Antike und der römischen Cäsaren besser und leichter versteht, wenn das Wissen über sie über eine menschlichere, modernere und wirklichere Wahrnehmung von ihnen transportiert wird.

Und so kann man 2000 Jahre nach ihrem gewaltsamen Tod nun auch Caligula (12 bis 41) und Nero (37 bis 68) fast wie in natura bestaunen. „Ich will ihnen eine Seele geben. Denn nicht alles endet mit der einfachen Skulptur“, sagt Ruano über „seine“ Cäsaren.