In einem weiteren Verstoß gegen das internationale Atomabkommen hat der Iran am Wochenende neue Zentrifugen für eine schnellere Urananreicherung in Betrieb genommen. In einer vom Staatsfernsehen übertragenen Online-Zeremonie weihte Präsident Hassan Rouhani am Samstag knapp 200 neue Zentrifugen vom Typ IR-5 sowie IR-6 in der Atomanlage Natanz offiziell ein. Stunden später ereignete sich ein "Zwischenfall" in der Atomanlage.

Das 2015 in Wien geschlossene Atomabkommen erlaubt dem Iran die Urananreicherung ausschließlich mit der älteren Zentrifugengeneration IR-1. Darüber hinaus darf der Iran eine begrenzte Zahl an IR-4- und IR-5-Zentrifugen testen. Die nun in Betrieb genommenen Zentrifugen ermöglichen es dem Iran, Uran in großen Mengen und zu einem höheren Grad anzureichern als von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) genehmigt.

In der Atomanlage in Natanz wurden neue Zentrifugen eingeweiht - damit wird gegen die Auflagen des Atomabkommens verstoßen
In der Atomanlage in Natanz wurden neue Zentrifugen eingeweiht - damit wird gegen die Auflagen des Atomabkommens verstoßen © AP

Im Staatsfernsehen war die Inbetriebnahme der Zentrifugen nicht zu sehen. Ingenieure der Atomanlage Natanz sagten jedoch, sie hätten nach der Anordnung Rouhanis mit dem Gaszentrifugenverfahren begonnen. Rouhani bekräftigte unterdessen, das iranische Atomprogramm sei "friedlich" angelegt.

Der Präsident ordnete außerdem eine Überprüfung der "mechanischen Stabilität" der jüngsten Generation von IR-9-Zentrifugen an und eröffnete offiziell eine neue Produktionsstätte für Zentrifugen in dem Natanz-Komplex. Sie soll eine Fabrik ersetzen, die bei einer Explosion im vergangenen Juli schwer beschädigt worden war. Die iranischen Behörden sprachen damals von einem "Sabotageakt" von "Terroristen".

"Zwischenfall" am Sonntag

Einen "Zwischenfall" in der Atomanlage Natanz meldeten iranische Staatsmedien auch am Sonntag. Der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde, Behrouz Kamalvandi, sagte der Nachrichtenagentur FARS, der Zwischenfall sei "in einem Teil des Strom-Verteilnetzes" in der Urananreicherungsanlage aufgetreten. Es gebe keine Verletzten; auch seien keine Schadstoffe ausgetreten. Die Ursache des Vorfalls werde untersucht, Details würden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

Der iranische Parlamentsabgeordnete Malek Shariati nannte den Zwischenfall "verdächtig" und schrieb auf Twitter von möglicher "Sabotage oder Infiltration". Der israelische Journalist Amichai Stein schrieb, es werde davon ausgegangen, dass die Störung im Stromnetz der Atomanlage von einer "israelischen Cyber-Operation" ausgelöst worden sei.

Atomgespräche in Wien

Der Zwischenfall und die Inbetriebnahme der neuen Zentrifugen erfolgten vor dem Hintergrund der derzeitigen Gespräche über eine Wiederbelebung des Atomabkommens in Wien. Unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump waren die USA 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgetreten und hatten neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. Seither hat sich auch Teheran schrittweise aus seinen Verpflichtungen zurückgezogen.

Die neue US-Regierung von Präsident Joe Biden hat grundsätzlich Bereitschaft signalisiert, dem Atomabkommen mit dem Iran wieder beizutreten. Washington dringt allerdings darauf, dass der Iran zunächst zu seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen zurückkehren müsse. Der Iran wiederum macht die Aufhebung der US-Strafmaßnahmen zur Vorbedingung dafür, dass er sich wieder in vollem Umfang an das Abkommen hält.

US-Diplomaten waren in dieser Woche in separaten Gesprächen in die Beratungen einbezogen, saßen aber nicht mit den Vertretern aus Teheran an einem Tisch. Die Gespräche sollen kommende Woche fortgesetzt werden.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte am Samstag, die erste Woche der Gespräche in Wien sei "konstruktiv" gewesen. "Alle Seiten" hätten Bereitschaft gezeigt, "mit der nötigen Ernsthaftigkeit auf das gleiche Ziel hinzuarbeiten: die vollständige Umsetzung des Atomabkommens mit Iran", schrieb Maas im Online-Dienst Twitter. Dieses Ziel zu erreichen, werde allerdings nicht leicht, räumte Maas ein. "Wir stehen erst am Anfang intensiver Verhandlungen."

Ablehnung in Israel

Auf Ablehnung stoßen die Wiener Verhandlungen in Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wirft dem Iran vor, nach Atomwaffen zu streben, und betont, dass ein Abkommen, das dies ermöglicht, für Israel "in keiner Weise bindend wäre".

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin traf am Sonntag in Tel Aviv mit seinem israelischen Amtskollegen Benny Gantz zusammen. Gantz sagte anschließend, Israel werde in der Frage eines möglichen neuen internationalen Atomabkommens mit dem Iran eng mit den USA zusammenarbeiten. Ziel sei es, Israels Sicherheit zu gewährleisten und einen gefährlichen Rüstungswettlauf in der Region zu verhindern. "Teheran stellt heute eine strategische Bedrohung der gesamten Region dar", sagte er.