Das Treibhausgas Kohlendioxid kann im Meeresboden der Nordsee gelagert werden - selbst wenn Bohrlöcher den Untergrund undicht machen. Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftern unter Leitung des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel.
Ihre Untersuchungen zeigten, dass das Gas nicht in die Atmosphäre gelange, wenn es aus Leckagen ausströmt, sondern im Meer verbleibe. Das gelöste CO2 werde dann durch Gezeitenströmungen in der Nordsee schnell verteilt.
Trotz der globalen Erwärmung konnten die vom Menschen gemachten CO2-Emissionen bisher nicht reduziert werden. Da Wissenschafter in naher Zukunft keine bedeutende Senkung des CO2-Ausstoßes erwarten, suchen sie nach alternativen Lösungen. Eine Möglichkeit besteht darin, CO2 aus den Abgasen von Kraftwerken einzufangen und es anschließend in einem unterirdischen Speicher dauerhaft zu lagern.
Ein erhebliches CO2-Speicherpotenzial in Europa liegt in der Nordsee in tiefen, unter dem Meeresboden gelegenen geologischen Formationen. Doch die Suche nach Gas- und Ölvorkommen hat den Meeresboden porös gemacht, da die Sedimente während des Bohrens mechanisch gestört und geschwächt wurden. Dort tritt aus Gas-Lecks jetzt schon Methangas aus.
Leckagen
Durch die Leckagen kann auch das eingepresste Treibhausgas wieder ausströmen. Wissenschafter haben daher in einem Feldversuch erforscht, was in solchen Fällen mit dem CO2 passiert. Sie ließen mitten in der Nordsee zwischen der Nordspitze Schottlands und der Südspitze Norwegens einen Tauchroboter zum Grund hinab. Dort blies er in 82 Meter Tiefe kontrolliert CO2 ins Wasser.
Das Ergebnis: Die CO2-Gasblasen lösten sich innerhalb von zwei Metern über dem Meeresboden im Wasser auf. Das klimaschädliche CO2 wurde also nicht in die Atmosphäre abgegeben, sondern blieb in der Nordsee. Wenn Kohlendioxid sich auflöst, verändert sich allerdings der pH-Wert des Wassers - es wird saurer. "Diese Versauerung des Bodenwassers wirkt sich nachteilig auf die am Meeresboden lebenden Organismen aus", erklärte Projektleiter Klaus Wallmann. "Aber die dort vorhandenen starken Bodenströmungen verteilen das gelöste CO2 rasch, so dass die Fläche am Meeresboden, auf der potenziell schädliche Auswirkungen auftreten können, gering ist."
"Wir kommen daher vorläufig zu dem Schluss, dass es möglich ist, CO2 sicher in Formationen unter dem Meeresboden zu speichern, wenn sich der Speicherort in einem Gebiet mit wenigen undichten Bohrlöchern befindet", lautete das Fazit von Wallmann.
Derzeit sind Kieler Wissenschafter für ein zweites Freisetzungsexperiment in der Nordsee unterwegs, wie Geomar-Sprecher Andreas Villwock sagte. Allerdings hat sich die Kieler Landesregierung längst gegen die Speicherung von CO2 in Schleswig-Holstein ausgesprochen, wie Patrick Tiede vom Umweltministerium mitteilte. Das gilt laut Gesetz auch für die Küstengewässer von Nord- und Ostsee.