Nach einem jahrelangen Rechtsstreit sind die Tage des bekanntesten Komapatienten Frankreichs gezählt: Die Ärzte der Uniklinik in Reims im Osten des Landes beendeten am Montag die Ernährung des 42-jährigen Vincent Lambert, wie der Anwalt der Familie mitteilte.

Dies geschieht gegen den Widerstand der Eltern, die für das Leben ihres Sohnes durch alle Instanzen gegangen waren - allerdings erfolglos.

Wachkoma

Vincent Lambert ist seit einem Motorradunfall vor gut zehn Jahren querschnittsgelähmt und liegt in einer Art Wachkoma. Da er laut einem Gutachten nicht mehr bei Bewusstsein ist, stellen die Ärzte die künstliche Ernährung nun ein. Er dürfte in einigen Tagen sterben.

"Das ist eine Schande, ein absoluter Skandal", sagte der Anwalt der Eltern, Jean Paillot. Lamberts Mutter und sein Vater hätten sich noch nicht einmal mit einem Kuss von ihrem Sohn verabschieden können.

Die Eltern des früheren Krankenpflegers sind überzeugte Katholiken und hatten am Wochenende noch einmal alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Leben ihres Sohnes zu retten. "In Frankreich sollte im Jahr 2019 niemand an Hunger und Durst sterben", hatte die 73-jährige Mutter Viviane Lambert noch am Samstag betont. In einem offenen Brief hatten sie Präsident Emmanuel Macron persönlich um Unterstützung geben. Zuvor waren sie in einem sechsjährigen Rechtsstreit vor den höchsten Instanzen Frankreichs und des Europarats gescheitert.

EGMR hat entschieden

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und der französische Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht hatten im Frühjahr im Sinne der Mediziner entschieden.

Ähnliche Fälle hatte es in den vergangenen Jahren in mehreren Ländern gegeben. Im März 2005 war die US-Wachkomapatientin Terri Schiavo nach 13 Tagen ohne Ernährung gestorben. Dort hatte der Ehemann gerichtlich die Einstellung der künstlichen Ernährung vorangetrieben, während sich Eltern und Geschwister dafür einsetzten, die Frau am Leben zu lassen. Im Fall der italienischen Komapatientin Eluana Englaro setzte sich wiederum der Vater jahrelang dafür ein, dass die Zufuhr von Flüssigkeit und Nahrung für seine Tochter abgeschaltet wird, was im Februar 2009 nach einer Entscheidung des italienischen Kassationsgerichts schließlich geschah. In all diesen Fällen hatte die katholische Kirche heftig gegen die Entscheidung protestiert.