Der stärkste Zyklon seit vielen Jahren ist auf Indiens Ostküste getroffen. Der tropische Wirbelsturm "Fani" erreichte am Freitagmorgen (Ortszeit) mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern Land in der Nähe der Stadt Puri. Mehr als eine Million Menschen im Bundesstaat Odisha waren nach Angaben der Regierung binnen 24 Stunden in mehr als 4.000 Notunterkünfte gebracht worden.

Erste Todesopfer

Es sind auch schon erste Todesopfer zu beklagen. Nach Behördenangaben starben im östlichen Bundesstaat Odisha am Freitag zwei Menschen, nachdem "Fani" mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern auf Land getroffen war.

"Ich kann bisher zwei Todesopfer bestätigen", sagte Behördenvertreter Bishnupada Sethi. Ein älterer Mann starb demnach in einer Notunterkunft an einem Herzinfarkt. Ein weiterer Mensch sei trotz der Sturmwarnungen nach draußen gegangen und von einem Baum erschlagen worden.

"Fani" - "Foni" ausgesprochen - gilt als stärkster Zyklon in dem Gebiet am Golf von Bengalen seit 1999, als mehr als 10.000 Menschen in Odisha (damals Orissa) ums Leben kamen. Damals hatte der Wind eine Geschwindigkeit von 260 km/h erreicht. Seitdem gelten die Sicherheitsvorkehrungen in dem Bundesstaat allerdings als deutlich verbessert. "Fani" bezeichnet in bengalischer Sprache den Nackenschild, den Kobras in ihrer Drohhaltung ausbreiten.

Schulen geschlossen

Der Sturm zog in nordöstlicher Richtung über die Küstenregion und schwächte dabei auf eine Windgeschwindigkeit von etwa 130 Stundenkilometern ab. Nach Odisha wurde das Sturmzentrum im benachbarten Bundesstaat Westbengalen und danach im Nachbarland Bangladesch erwartet. Auch Teile des südlich von Odisha gelegenen indischen Bundesstaates Andhra Pradesh waren betroffen.

In Kolkata (früher Kalkutta), der Hauptstadt von Westbengalen mit rund 15 Millionen Einwohnern, fielen alle Flüge von 15.00 Uhr am Freitag bis 8.00 Uhr am Samstag (Ortszeit) aus. In Odishas Hauptstadt Bhubaneswar wurden alle Flüge am Freitag abgesagt. Schulen im ganzen Bundesstaat blieben geschlossen. Auch viele Züge fielen aus.

Die Regierungschefin von Westbengalen, Mamata Banerjee, twitterte, sie habe wegen der "möglicherweise drohenden Katastrophe" alle Wahlkampfauftritte für 48 Stunden abgesagt. In Indien findet derzeit eine knapp sechswöchige Parlamentswahl statt.

Angst in Flüchtlingslager in Bangladesch

Auch im Nachbarland Bangladesch wurden Vorbereitungen getroffen. Laut "Kachelmannwetter" bringt der Zyklon massive Regenmassen mit sich. World Vision hat große Sorge, dass der Zyklon in dem größten Flüchtlingslager der Welt, wo viele Menschen in einfachen Zelten und Bambushütten leben, großen Schaden anrichten könnte. Die Mitarbeiter in Cox's Bazar seien "vollkommen verängstigt", hieß es auf Twitter. Insgesamt könnten viele Millionen Menschen betroffen sein.

Unten ein Blick in das größte Flüchtlingslager der Welt - Kutupalong in Bangladesch im Distrikt Cox’s Bazar: (aus dem Archiv)

Tropische Wirbelstürme sind am Golf von Bengalen keine Seltenheit, vor allem zwischen April und November. Bei "Fani" handelte es sich aber um den stärksten seit vielen Jahren. Im Jahr 1999 war ein Zyklon mit bis zu 260 km/h über Odisha (damals Orissa) hinweggefegt und hatte mehr als 10.000 Menschen getötet. Bei dem bisher wohl tödlichsten Zyklon kamen 1970 in Bangladesch mindestens 300.000 Menschen ums Leben.

So hoch türmen sich die Wellen derzeit im Golf von Bengalen auf: