Die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) sind in Österreich 2017 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Mit 51,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten, die nicht dem Emissionshandel zugerechnet werden, wurde zudem auch das nationale Ziel erstmals überschritten. Insgesamt stiegen die Emissionen auf 82,3 Mio. Tonnen, wie aus den am Dienstag publizierten Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) hervorgeht.
Das entspricht einem Anstieg von 3,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Die erneute Zunahme ist laut UBS auf einer Steigerung des Einsatzes fossiler Energieträger im Energie- und Industriebereich (plus 5,4 Prozent) sowie auf eine Steigerung bei der Nachfrage nach Gütertransport zurückzuführen.
2017 sei es nicht gelungen, das hohe Wirtschaftswachstum vom Einsatz fossiler Energieträger zu entkoppeln. Das UBA ging bereits Anfang 2018 davon aus, dass es zu einer weiteren Zunahme bei den THG-Emissionen kommen wird.
Das Plus von 2,7 Mio. Tonnen setzt sich aus 1,6 Mio. Tonnen im Emissionshandelsbereich und 1,1 Mio. in den Sektoren außerhalb zusammen, wobei hier der Verkehr mit 0,7 auf insgesamt 23,7 Mio. Tonnen angewachsen ist. "Seit dem Jahr 1990 verzeichnen wir im Verkehrssektor eine Steigerung der Treibhausgas-Emissionen in der Höhe von 71,8 Prozent. Anreize und Maßnahmen zum Umstieg auf klimaverträgliche Mobilitätsformen sind unumgänglich", erklärte Umweltbundesamt-Geschäftsführerin Monika Mörth aufgrund dieser Entwicklung.
Neben dem Verkehr sind laut der Treibhausgas-Inventur 2017 auch die dem Gebäudesektor zugerechneten Emissionen um rund 1,8 Prozent gestiegen, hingegen wurden in der Abfallwirtschaft und in der Landwirtschaft im Vergleich zu 2016 sinkende Emissionen (minus 4,2 Prozent bzw. minus 1,4 Prozent) verzeichnet. Gesunken sind durch die Überschreitung des nationalen Ziels auch die Gutschriften, die in die Bilanz bis 2020 eingerechnet werden können, es verbleiben somit noch 6,2 Mio. Tonnen an.
Vorhaben bis 2030
Bis 2030 hat Österreich seine Emissionen um 36 Prozent gegenüber 2005 außerhalb des Emissionshandels zu reduzieren. Dafür seien weitreichende Transformationsschritte zur Verminderung des Einsatzes fossiler Energie erforderlich. Gegenseitige Schuldzuweisungen sollten angesichts der noch bevorstehenden Herausforderungen der Vergangenheit angehören: "Um die 2030-Ziele der EU zu erreichen, ist ein gemeinschaftliches konstruktives Handeln aller relevanten Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft notwendig", sagte Mörth im Gespräch mit der APA.
Was den Emissionshandelsbereich betrifft, zu dem Industrie- und Energiebetriebe zählen, so hat im Energiesegment die vermehrte Stromproduktion aus Großgaskraftwerken den Ausschlag gegeben. Denn weniger Strom wurde in den Wasserkraftwerken erzeugt, was durch den extrem heißen Sommer im Jahr 2017 mitbedingt ist.
Der Ausblick auf 2018 lässt indes auf eine bessere Bilanz hoffen. So geht das UBA davon aus, dass die Entwicklung in den Bereichen, die nicht dem Emissionshandel zugerechnet werden, stagnierend bis leicht abnehmend sein wird, nur im Verkehr ist wieder ein Anstieg zu erwarten. Ebenso ist die Entwicklung im Emissionshandelsbereich abnehmend. Trotzdem und trotz der Gutschriften von rund sechs Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten ist das Erreichen des Klimazieles für 2020 aber nicht gesichert.
Für Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bestätigte die Bilanz, "die Notwendigkeit des Handelns für den Klimaschutz". "Die Bundesregierung hat diesen Handlungsbedarf sehr rasch erkannt und als eine der ersten Maßnahmen die Klima- und Energiestrategie beauftragt (Jänner 2018) und beschlossen (April 2018)", hieß es einer Stellungnahme gegenüber der APA.
"Wir haben mit großem Nachdruck und kurzer Zeit die #Mission2030 erarbeitet und beschlossen. Davor hat es keine Strategie dieser Art gegeben. Das ist unsere Grundlage für weitere Handlungsschritte und Maßnahmen", meinte die Ministerin. Gemeinsam mit den Bundesländern werde zudem 2019 der Nationalen Klima- und Energieplan erarbeitet, den alle Mitgliedsstaaten an die EU liefern müssen.
"Raumwärme und Verkehr sind die größten Handlungsfelder, dort braucht es große Anstrengungen, um die Ziele zu erreichen. Wir müssen eine Transformation unserer Verkehrssysteme schaffen. Das bedeutet u.a. Ausbau des öffentlichen Verkehrs, um motorisierten Individualverkehr dort zu vermeiden, wo er nicht notwendig ist. Es heißt aber auch, E-Mobilität auszubauen und attraktiver zu machen", sagte Köstinger.
Zudem wurde vor Weihnachten auf europäischer Ebene die Reduktion des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen um 37,5 Prozent bis 2030 durchgesetzt. "Schon 2025 müssen die ersten Ziele erreicht werden, das wird im Verkehrssektor viel dazu beitragen, den Gesamtausstoß zu reduzieren", so Köstinger. Die Ministerin erwartete, dass der Markt sich sehr rasch auf diese neuen Flottenziele einstellt und neue - und vor allem kostengünstige - Modelle in der E-Mobilität entwickelt. In Sachen Raumwärme verwies die Ministerin auf die Einführung des "Raus aus dem Öl"-Bonus.
NGOs fordern Sofort-Maßnahmen
Anlässlich der vom Umweltbundesamt präsentierten Treibhausgas-Bilanz für Österreich im Jahr 2017 haben Umwelt-NGOs Sofort-Maßnahmen gefordert. Die Emissionen haben "erstmals die gesetzlichen Höchstwerte für Österreich im Rahmen der EU-Ziele überschritten. In diesem Fall schreibt das österreichische Klimaschutzgesetz vor, umgehend Maßnahmen zu ergreifen", sagte Adam Pawloff von Greenpeace.
"Die Regierung muss sofort ein Notfallprogramm starten, um den Anstieg der Treibhausgase einzudämmen. Dazu ist sie auch gesetzlich verpflichtet. So muss unbedingt der öffentliche Verkehr gestärkt werden, etwa durch günstigere Bahntickets oder eine höhere Pendlerpauschale für Öffis", forderte Klima-Experte Pawloff. Mit der "zahnlosen Klimastrategie von Schwarz-Blau" würde Österreich die Klimaziele meilenweit verfehlen.
"Das ist kein Problem, das man aussitzen kann. Angesichts der schlechten Klimabilanz Österreichs, darf die Bundesregierung den Kopf nicht länger in den Sand stecken. Umweltministerin Elisabeth Köstinger muss Verantwortung übernehmen, Sofortmaßnahmen ergreifen und sicherstellen, dass die Umsetzung der Energiewende in Österreich vorankommt", kritisierte Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000. Das Jahr 2019 sei "das Entscheidungsjahr für die Klimapolitik in Österreich".
Auch der WWF Österreich drängte auf rasche Sofort-Maßnahmen. "Heiße Luft haben wir genug, 2019 braucht es endlich mehr Mut und Konsequenz im Klimaschutz. Die kommende Steuerreform wird zeigen, ob es die Regierung damit ernst meint oder weiter auf eine Politik der kleinen Schritte setzt", sagte WWF-Klimaexpertin Lisa Plattner.