Nach der Gasexplosion in einem russischen Wohnhaus mit fast 40 Toten geht die Suche nach dem Auslöser der Katastrophe weiter. Noch unklar ist, ob in dem Gebäude in Magnitogorsk am Ural alle Sicherheitsregeln eingehalten wurden. Im Mai 2018 habe es eine umfassende Kontrolle in dem Bau aus Sowjetzeiten gegeben, bestätigte der Gasbetreiber der Region laut Agentur Tass am Donnerstag.
"Arbeit abgeschlossen"
Am Abend (Ortszeit) zogen Rettungskräfte die Leiche einer Frau aus den Trümmern, wie russische Medien unter Berufung auf den Zivilschutz berichteten. Damit kamen nach Angaben der Behörden 39 Menschen bei dem Unglück ums Leben. Zuvor war noch von weiteren Vermissten die Rede gewesen. Der für den Katastrophenschutz zuständige Vize-Minister Alexander Tschuprijan, sagte aber am Donnerstag, es befänden sich nun keine Menschen mehr unter den Trümmern. "Die Arbeit ist abgeschlossen." Allerdings seien die Rettungskräfte weiterhin mit der Suche nach Haustieren beschäftigt.
Die russischen Behörden gehen bei der Ursachenforschung vorrangig von einem Gasleck oder einer defekten Leitung aus. Gerüchten über einen angeblichen Terroranschlag trat das Staatliche Ermittlungskomitee entgegen. Kremlchef Wladimir Putin, der den Unglücksort am Silvestertag besucht hatte, forderte eine genaue Untersuchung und Sicherung der benachbarten Häuser. "Auch nur der geringste Zweifel (an der Sicherheit der Gebäude) muss zerstreut werden", sagte er vor Stadtvertretern und Einsatzleitern.
Die Industriestadt Magnitogorsk ist für ihre Stahlproduktion bekannt. Sie liegt am südlichen Ural, etwa 1.400 Kilometer östlich der russischen Hauptstadt Moskau, und hat rund 400.000 Einwohner. Das zehnstöckige Haus war am Montag in den Morgenstunden eingestürzt. In Russland kommt es wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften immer wieder zu schweren Zwischenfällen. Gas wird in sehr vielen Haushalten in der Küche zum Kochen benutzt. Die Gebäude sollen einmal im Jahr auf Mängel kontrolliert werden, vielfach wird dies jedoch nicht eingehalten.
Zudem wird in ältere Gebäude kaum noch investiert, viele sind marode und baufällig. Zahlreiche Bewohner sind jedoch auf die Wohnungen angewiesen und versuchen, selbstständig und ohne Fachwissen Mängel zu beheben. 2017 stürzte ein Wohnhaus in der südrussischen Stadt Wolgograd ein, als drei Bewohner eine defekte Gasleitung reparieren wollten. Viele Wohnungen wurden bei der Explosion zerstört, drei Menschen starben.
In der Hauptstadt Moskau sollen trotz Widerstands der Bewohner Tausende Wohnhäuser aus der sogenannten Chruschtschow-Zeit abgerissen werden. Die Stadtverwaltung argumentiert, dass der Erhalt der alten, in der Sowjetunion gebauten Wohnhäuser zu kostspielig sei. Viele der fünfstöckigen Gebäude aus den 1950er- und 1960er-Jahren seien jetzt schon baufällig oder müssten in Zukunft aufwendig renoviert werden. Deshalb sollen moderne Wohnhäuser gebaut werden. Viele Betroffene fürchten jedoch, durch das gigantische Bauprojekt ihren Wohnraum im Zentrum zu verlieren und an den Stadtrand gedrängt zu werden.
Marode Wohnhäuser
Während in Moskau vor allem im Stadtzentrum massiv in Parkanlagen, neue Bürogebäude und Einkaufszentren investiert wird, beklagen Anrainer mangelnde Unterstützung bei der Instandhaltung der Wohnhäuser. Besonders in der Provinz fehlt das Geld für neue Bauprojekte. Sogenannte Monostädte wie Magnitogorsk, die von einem Industriezweig abhängig sind, leiden seit Jahren an der wirtschaftlich angespannten Lage in Russland.
Dass die Explosion in der Industriestadt so viele Menschen in den Tod riss, hat Gründe: Viele der Bewohner schliefen noch oder konnten das Gebäude nicht rechtzeitig verlassen; die Suche nach Überlebenden wurde durch einstürzende Pfeiler oder Trümmerreste erschwert. Zudem starben wohl viele der Eingeschlossenen wegen der extrem niedrigen Temperaturen - in der Nacht lagen sie unter minus 20 Grad Celsius.