Die UN-Klimakonferenz in Bonn nähert sich am Freitag ihrem Abschluss. Das Ende der "Arbeitskonferenz" könnte sich aber noch ein wenig hinziehen, glaubt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000, im Gespräch mit der APA. "Bei der Finanzierung wird noch stark gerungen, die Verhandler bereiten sich hier auf eine lange Nacht vor" - denn man wolle noch etwas erreichen.

Bei "Verluste und Schäden" (loss and damage), also zu Hilfsmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, gebe es zwar noch keine Dokumente, offenbar wurde aber eine Einigung dahin gehend erzielt, dass es bei den kommenden Klimakonferenzen Thema werden soll. Hier geht es um Entschädigungen seitens der Industriestaaten für bereits eingetretene Klimaschäden in den Entwicklungsländern.

Für das Pariser Regelbuch liegt inzwischen eine riesige Sammlung an Vorschlägen vor, über die man sich kommendes Jahr in Polen dann einigen muss. Es gab zwar keine großen Durchbrüche, aber "prinzipiell herrscht eine konstruktive Stimmung. Man wird bei den wesentlichen Punkten, die wichtig waren auch weiter kommen". Insgesamt ist für Wahlmüller die COP 23 knapp vor dem Ende "wie erwartet" abgelaufen. Positiv war zudem, dass die Versuche der USA das Pariser Abkommen neu zu verhandeln, abgewiesen wurden.

Negativ fiel Wahlmüller auf, dass es kaum Reaktionen auf den Bericht des UNO-Umweltprogramm UNEP gab, der Ende Oktober auf die schwere Erreichbarkeit der Klimaschutzziele hinwies, nachdem die derzeit vorgelegte Pläne der einzelnen Staaten eine Temperaturerhöhung von mindestens drei Grad bedeuten würden. "Da hätte ich mir mehr Bereitschaft erwartet, hier nachzubessern", sagte Wahlmüller. Aus Verhandlerkreisen sei nichts dahin gehend zu hören gewesen, aber "eigentlich hätte da mehr Aufrütteln durch das Gebälk gehen" sollen.

Erfreulicher ist es für Wahlmüller, dass in den kommenden zwei COPs die Klimaschutzanstrengungen der Industrieländer bis zum Jahr 2020 Thema ("Pre 20"-Ambitionen) werden sollen, aber "man muss vom Reden zum Tun kommen". Es helfe nichts, wenn nach den Konferenzen in den jeweiligen Ländern keine weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, das gelte auch für Österreich. Die geringe Ambition führt Wahlmüller darauf zurück, dass teilweise Klimaschutz nach den Konferenzen kein wirkliches Thema mehr bei den Regierungen ist. "Das ist aber von Land zu Land verschieden", so Wahlmüller, denn Staaten wie Norwegen oder Dänemark hätten gezeigt, dass man die Zeit nutzen kann. Norwegen entschied etwa im Vorjahr, dass man das Nettovolumen der Treibhausgasemissionen bereits 2030 auf Null senken will - und nicht erst 2050.

Was Österreich betrifft, denkt Wahlmüller, dass das Klimathema vielleicht Chefsache werden sollte, und Finanzministerium oder Verkehrsministerium mit eingebunden werden sollten, damit wichtige Maßnahmen umgesetzt werden können. "Österreich hat ein paar Punkte, wo Feuer am Dach ist", das zeige der Klimaschutzbericht oder der aktuelle Bericht der europäischen Umweltagentur. Viele Staaten gingen jetzt bereits voran - und Österreich sollte rechtzeitig "auf den Zug aufzuspringen", schloss Wahlmüller.

"Gipfel der Mutlosigkeit"

Kurz vor dem Ende der UN-Klimakonferenz in Bonn hat Greenpeace diese am Freitag in einer Aussendung als "Gipfel der Mutlosigkeit" bezeichnet "Der Geist von Paris ist in Bonn kaum zu merken", betonte Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. Mehr Ambition im Kampf gegen den Klimawandel und ein Klimaschutzministerium in Österreich wurde gefordert.

"Klimaschutz muss in Österreich höchste Priorität haben. Es braucht dringend ein eigenes Klimaschutzministerium, mit einer unabhängigen Expertin oder einem unabhängigen Experten an der Spitze." Das Ministerium solle neben Klimaschutz auch die Themen Umwelt, Energie und Verkehr umfassen.

Die stärksten Signale für mehr Klimaschutz kamen bei der UN-Klimakonferenz vor allem außerhalb der Verhandlungsräume, schrieb die NGO weiter. Zum einen hat sich eine große Länder-Allianz für den Kohleausstieg gebildet, hier ist auch Österreich beteiligt, und zum anderen haben mehrere US-amerikanische Bundesstaaten, Städte und Unternehmen zugesagt, im Gegensatz zur Trump-Administration, weiterhin auf Klimaschutz zu setzen. "Nach den Verhandlungen sind die einzelnen Staaten wieder am Zug", so Egit. "Hier bleibt noch viel zu tun, wenn wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels verhindern wollen".