Eigentlich hätte der Weltkrieg heute vor 73 Jahren zu Ende sein können. Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg hätte er geheißen, jener Mann, der dieses verheerende letzte Kriegsjahr verhindert hätte. Als Held gefeiert wäre ihm ein weitaus prominenterer Platz in den Geschichtsbüchern zugestanden.
Eigentlich war der Krieg 1944 schon verloren. Im Westen waren die Allierten bereits in der Normandie gelandet, im Osten der Vormarsch der Roten Armee kaum noch aufzuhalten. Doch Adolf Hitler dachte nicht im Entferntesten an Kapitulation. Auch wenn es nach außen oft nicht so wirkte: Selbst in den eigenen Reihen machte sich Unmut gegen den Starrsinn des ursprünglich uneingeschränkt verherrlichten Führer breit. Den Höhepunkt einer weitreichenden Widerstandsbewegung innerhalb des Heeres stellte das Attentat am 20. Juli 1944 dar. Heute vor 73 Jahren. Drahtzieher war Oberst Stauffenberg.
Vom Verehrer zum Drahtzieher
Eigentlich war Stauffenberg einer der vielen Verehrer Hitlers. Er wollte in der Wehrmacht Karriere machen und Führungspositionen übernehmen. Bis zum Oberst schaffte er es, dann wurde er 1943 bei einem Einsatz in Tunesien schwer verwundet. Ein langsames Umdenken setzte ein. Er wurde zum Drahtzieher eines bis ins Detail geplanten Anschlags. Es sollte dort stattfinden, wo niemand es vermutete: In einem militärischen Lagezentrum der Wehrmacht, dem Führerhauptquartier Wolfsschanze im heutigen Polen. Oberst Stauffenberg war dort zu einer Besprechung geladen. Er wurde von seinem Komplizen - Werner von Haeften - begleitet. Im Gepäck führten sie zwei unscharfe Sprengsätze mit.
Eigentlich hätten beide Sprengsätze explodieren sollen. Das hätte Hitler mit großer Wahrscheinlichkeit getötet. Was ist anders verlaufen als erwartet? Kurz nachdem Stauffenberg und von Haeften angekommen waren, baten sie um die Erlaubnis, den Raum zu verlassen. Stauffenberg wollte für die Rede des Führers sein Hemd wechseln, von Haeften sollte dem Verwundeten dabei helfen. In einem Nebenkammerl der Baracke wollten sie nun die Sprengsätze scharf machen.
Zeitdruck als Verhängnis
Eigentlich hatten sie dafür genug Zeit eingeplant, doch sie wurden unterbrochen: Der Führer sei bereits da und warte. Unter Zeitdruck konnten die beiden nur einen der Sprengsätze scharf machen; der scharfe landete in Stauffenbergs Tasche, der andere in von Haeftens. Dann betraten sie den Raum. Stauffenberg platzierte die Tasche in Hitlers Nähe. Unter dem Vorwand, telefonieren zu müssen verließen Stauffenberg und von Haeften den Raum. Zehn Minuten später detonierte der Sprengsatz. Die beiden Attentäter verließen das Areal im Glauben, Hitler getötet zu haben.
Eigentlich hätte die Besprechung in einem Betonbunker und nicht in einer Baracke stattfinden sollen. Die Druckwelle der Expklosion hätte dann nicht entweichen können und wesentlich mehr Schaden angerichtet. Auch ein schwerer Eichentisch habe Hitler gerettet, vermuten Historiker. Der größte und leicht vermeidbare Fehler war aber folgender: Der zweite Sprengkörper hätte mitsamt dem scharfen in Stauffenbergs Tasche gegeben werden sollen. Die Detonation des ersten hätte auch die des zweiten ausgelöst. Ungeachtet dessen, dass dieser gar nicht scharf war. Das hätte Hitler getötet. Eigentlich.
Gabriel Prödl